Rezension

Emotional und ergreifend!

Geheime Tochter - Shilpi Somaya Gowda

Geheime Tochter
von Shilpi Somaya Gowda

Bewertet mit 4 Sternen

Dahanu, Indien, 1984. Kavita bekommt ihr zweites Baby. Schon das erste hat ihr Mann ihr weggenommen und getötet, weil es ein Mädchen war. Auch das zweite ist ein Mädchen. Kavita bringt es heimlich nach Bombay ins Waisenhaus.

San Francisco, Kalifornien, 1984. Somer hat zum wiederholten Mal eine Fehlgeburt. Die Ärzte stellen fest, dass sie keine Kinder bekommen kann. Somer und ihr Mann Krishnan, ein gebürtiger Inder, entschließen sich zur Adoption.

Shilpi Somaya Gowda gelingt es auf eindrucksvolle Weise, die gegensätzlichen Welten, hier die armen Bauern in Indien – dort die gutsituierten Akademiker in Kalifornien, darzustellen und eine Brücke zwischen ihnen zu schlagen. Sie nimmt uns mit auf eine ca. 25 Jahre lange Reise im Leben dieser beiden Familien, die sie, von Kleinigkeiten abgesehen, glaubhaft beschreibt. Auf der einen Seite lesen wir von Kavita, die täglich an ihre Tochter denkt und für sie betet und auch nach Jahren immer noch unter dem Schmerz der Trennung leidet. Auf der anderen Seite begleiten wir Asha bei ihren neuen Eltern. Speziell während der Pubertät ist das Zusammenleben nicht einfach. Dabei kommen in diesem Fall zu den normalen Teenagerproblemen noch die der Adoption und der anderen Herkunft hinzu. Mit zunehmendem Alter möchte Asha mehr über ihre indischen Wurzeln erfahren, vielleicht sogar ihre leiblichen Eltern kennenlernen oder zumindest herausfinden, warum sie damals weggegeben wurde.

Gowdas Schreibstil ist einfach, aber schön zu lesen. Die Kapitel sind sehr kurz und wechseln anfangs zwischen Kavita in Danahu und Somer in Kalifornien, später auch noch zwischen anderen Personen. Das Buch ist stark von Gefühlen und Gedanken geprägt. Daher hätte ich es angenehmer gefunden, wenn die jeweiligen Personen in der 1. Person davon erzählen würden. Hier wird aber in der 3. Person berichtet, so dass zwischen den Protagonisten und dem Leser eine gewisse Distanz bleibt.

Gut gefallen haben mir die detaillierten Beschreibungen. Die Slums bauten sich direkt vor meinem inneren Auge auf. Dann wiederum ließ Gowda die farbenprächtigen Saris und das üppige Buffet auf einer indischen Hochzeit vor mir erscheinen.

Im letzten Viertel des Romans hat die Autorin dann für meinen Geschmack etwas zu viel Dramatik aufgefahren, aber das eigentliche Ende fand ich passend, es ist schön rund.