Rezension

Endlich ein neuer Galbraith

Der Seidenspinner
von Robert Galbraith

Ein neuer Fall für Cormoran Strike!

“Finden Sie meinen Mann” So lautet der Auftrag, den Strike von Leonora Quine bekommt. Eigentlich nimmt er solche Fälle ohne wirkliche Aussicht auf gute Bezahlung gar nicht an, doch irgend etwas reizt ihm daran und er sagt zu. Es ist nicht das erste Mal, dass der Schriftsteller Owen Quine für ein paar Tage untertaucht. Doch schon bald wird deutlich, dass mehr dahinter stecken muss: Ein frisch beendetes Manuskript taucht auf, in dem Quine auf eine besonders makabere und scharfzüngige Weise mit nahezu jeder Person aus seinem Umfeld abrechnet, bevor sein Protagonist auf bestialische Art selbst ermordet wird. Die Veröffentlichung dieses Buches würde ohne Frage Menschen, Existenzen und Familien ruinieren – definitiv ein Grund für viele Leute, Quine aus dem Weg räumen zu wollen.

Und Quine ist tot – bestialisch ermordet, genau wie der “Held” in seinem Manuskript. Für Strike und seine Assistentin beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, denn Verdächtige gibt es zuhauf, und der Mörder scheint stets einen Schritt voraus zu sein…

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Für mich war Der Seidenspinner der erste Fall von Cormoran Strike und seiner bezaubernden Assistentin Robin Ellacot. Robert Galbraith (J. K. Rowling) hat mich damit absolut überwältigt. Die Inszenierung des Mordes und die gesamte Story an sich hat mich in ihrer Vielschichtigkeit schier vom Stuhl geworfen und zeigt die schriftstellerische Fertigkeit auch im Krimigenre in vollendetster Form. Galbraiths Stil ist reich an Details und so fließend und plastisch, dass man die Story fast spürbar lebt und nicht nur liest.

Auch die Figuren sind derart lebendig und charakterlich ausgeformt, dass Galbraith dem Leser eine Gesellschaft präsentiert, bei der man sich freut, die Vielzahl an Charakteren kennen, lieben und hassen zu lernen, mit denen man auf über 600 Seiten mitfiebern, bangen und lachen wird.

Da haben wir Cormoran Stike, Kriegsveteran und brillanter Ermittler, der sich mit seiner Assistentin Robin selbstständig gemacht hat und auf seine, manchmal etwas unkonventionelle, Art den Fällen entgegenstellt. Auf der anderen Seite lernt man aber auch den verletzlichen Strike kennen, der von seiner Freundin getrennt lebt und teilweise sehr unter der Einsamkeit leidet.

Robin, die liebend gern zur richtigen Ermittlerin ausgebildet werden möchte, steht ihrem Boss treu und clever zur Seite, auch wenn der das manchmal nicht richtig zu schätzen wissen scheint. So ist zumindest der äußere Schein, innerlich sieht das ganz anders aus. Neben dem beruflichen Kampf muss sich Robin jedoch auch dem Problem Liebe stellen, denn ihr Verlobter ist überhaupt nicht begeistert von ihrem gefährlichen Job und dem guten Verhältnis zu ihrem Chef.

Familie Quine: Owen, der undurchschaubare Schriftsteller, der ab und an von der Bildfläche verschwindet und zuletzt gar nicht mehr auftaucht, da er ermordet wurde. Beliebt war er aufgrund seiner mehr “schlechten als rechten” Bücher nicht und mit seinem Manuskript hat er sich wahrlich keine Freunde gemacht. Außerdem war er bekannt für diverse Frauengeschichten, über die seine Frau Leonora, eine arme Seele immer hinweg gesehen hat. Was blieb ihr auch anderes übrig? Schließlich musste sie sich mit ihrer geistig behinderten Tochter Orlando durchschlagen, die ihren Daddy sehr liebt. Trotz allem liebte auch Leonora ihren Mann sehr.

Daneben gibt es noch eine Vielzahl von Haupt- und Nebencharakteren, die ein tolles Bild der “glamourösen” Schriftstellerwelt mit allen Höhen und Tiefen wiedergeben und die dargestellte Gesellschaft formen.

Auch die Handlung begeistert mit tollen Schauplätzen und Veränderungen bis zur allerletzten Seite. So bleibt es immer spannend, die Ermittlungen schlagen immer neue Richtungen ein und nicht nur einmal geraten unsere Ermittler in eine Sackgasse oder gar in Lebensgefahr. Kaum denkt man, dass man der Lösung des Falls näher kommt, schlägt der Mörder einen Haken und alles bleibt offen. Viel wird von Cormoran und Robin verlangt und neben dem Fall gibt es ja auch noch die privaten Problemchen, die hinter jeder Haustüre schlummern und die Galbraiths Charaktere so wunderbar menschlich und liebenswert machen.

Der Seidenspinner – 667 Seiten pure Spannung, die sich kein Krimifan entgehen lassen sollte. Leute, lasst euch dieses Lesevergnügen auf keinen Fall entgehen! Ich für meinen Teil habe sofort den ersten Fall Der Ruf des Kuckucks nachgeordert, da mich Strike komplett begeistert hat. Ein weiterer Pluspunkt in diesem Zusammenhang: Man kann beide Romane unabhängig voneinander lesen, da ihre Handlungen in sich abgeschlossen sind und man nicht zwingend an eine Reihenfolge gebunden ist.