Rezension

Erinnerungen an einen Sommer der Zufriedenheit

Das letzte Polaroid - Nina Sahm

Das letzte Polaroid
von Nina Sahm

Bewertet mit 4.5 Sternen

Angesprochen durch Klappentext und Trailer zum Buch bewarb ich mich auf lovelybooks zu einer Leserunde mit der Autorin. Ich gewann das Buch und war zunächst erstaunt über das wirklich wunderbare Cover, welches zuerst einmal pixelig erscheint wie es auf alten Fotos üblich ist und auch im Verlauf des Buches einen Sinn bekommt. Titel, Cover und Inhalt passen hervorragend zusammen und daher erst einmal ein großes Lob an den Verlag, obwohl ich vorerst einen echten Sommerroman vermutete, da das Foto Leichtigkeit und Freude vermitteln will. Wenn man sich das Leben der Kinga, die in Ungarn lebt genauer betrachtet lernt man sie als lebensfrohe junge Frau kennen, die das Leben liebt und es so nimmt wie es kommt, da können es auch hier und da auch mal ein paar Männer sein, denen man sich hingibt ohne sich zu binden. Anna ist da ganz anders, da sie durch ihre Eltern einfach ganz anders geprägt wurde und ihr definitiv die Leichtigkeit fehlt die Kinga anhaftet. Diese beiden unterschiedlichen Mädchen / jungen Frauen verbindet eine ganz besondere Freundschaft. Sie leben zwar in unterschiedlichen Ländern, halten aber dennoch Kontakt zueinander. Sie sind wichtig für die andere und für Anna beginnt irgendwann eine Zeit des Umbruchs. Irgendwann fängt sie an ihr geordnetes Leben zu überdenken und nachdem Kinga einen Unfall hatte zieht es sie zurück nach Budapest. Wir als Leser dürfen eintauchen in das wunderbare Ungarn, den Menschen dort und den kulinarischen Genüssen. Es ist zeitweilig wie Urlaub und hat mir sehr gefallen. Leider muss ich auch sagen, das mir das Buch nicht sofort gefallen wollte, da ich etwas anderes erwartet hatte. Mir fehlte die Leichtigkeit und das Sommergefühl, welches nicht sofort aufkommen wollte. "Das letzte Polaroid" erzählt eine ganz eigene Geschichte, die Zeit braucht um sich zu entfalten. Wer sich darauf einlässt wird ein Buch lesen, welches einen gewissen Tiefgang aufweist und uns nicht wie erwartet zum Schmunzeln bringt, sondern zum Nachdenken anregt. Anna vergisst sich mitunter selbst und muss erkennen, das es nicht gelingen wird Kingas Stelle im Leben ihrer Freunde und Familie einzunehmen. Wie sollte dies auch möglich sein, da sie ja Anna ist und nicht Kinga. Klar gab es auch Situationen in der ich sein wollte wie meine beste Freundin und so begann ich mir den selben Haarschnitt zuzulegen und mich ebenso zu schminken wie sie, dennoch blieb ich Melanie, eine Kopie meiner besten Freundin. Solche Dinge müssen wir als Mädchen lernen, denn wir sind immer noch wir selbst und können nie die Rolle einer anderen übernehmen. Für Anna vielleicht ein Schlag ins Gesicht, aber sicherlich lehrreich für ihren weiteren Weg sich selbst zu finden. Das Ende ist eher abrupt und bietet dadurch jede Menge Zündstoff für Spekulationen. Etwas anderes hätte dem Roman auch eher geschadet, denn so wirkt es definitiv passend und hinterlässt mich mit einem komischen Gefühl im Magen. 
Von mir eine Leseempfehlung für einen außergewöhnlichen Roman, der förmlich nach Sommer schreit und dann doch ganz anders ist und jede Menge Überraschungen bietet. Man muss sich aber erst einmal mit der Freundschaft von Kinga und Anna arrangieren, bevor man die Tiefe und den Sinn erkennen kann. Ein tolles Debüt der Autorin, da wirklich anders und unvorhersehbar.