Rezension

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erschreckend und spannend

Sonnentau - Kai Hensel

Sonnentau
von Kai Hensel

Bewertet mit 4.5 Sternen

Maria hat ihr Studium geschmissen und arbeitet in einer Bar, als der Vater von Jooly, Marias früherer Freundin, auftaucht und Maria bittet, in Haiti zu klären, was mit Jooly geschah. Sie kam in den Bergen von der Straße ab, der Tod wurde von einer Ärztin bestätigt, aber die Leiche verschwand. Nach einigem Zögern fliegt Maria nach Haiti.

Einige Jahre nach dem großen Erdbeben ist von Wiederaufbau nicht viel zu spüren, obwohl jeder behauptet, es gehe voran. Die großen Hilfsorganisationen haben sich zurückgezogen, Spendengelder fließen nicht mehr, tröpfeln nur noch. Dieses Umfeld ist die Spielwiese für Kriminelle, Machthungrige und Menschen, die ihre eigenen Interessen durchsetzen wollen. Da ist die Bremer Politikerin Michelle, die angeblich die Menschen in Haiti unterstützen will, aber nur die Sicherung ihrer eigenen Position im Blick hat. Begleitet wird sie von dem Fotografen Rafael, der die Aufgabe hat, sie medienwirksam darzustellen. Pastor Boisseau will an die Macht und handelt alles andere als christlich. Er glaubt, dass er seinen Ziehsohn Belamour und den dänische Arzt Mats in seinem Sinne gegeneinander ausspielen kann, doch sie haben eigene Interessen. Der Amerikaner Rhodes will die Menschen mit Hilfe eines Museums aufklären, wie sie bauen müssen, um Schäden bei zukünftigen Erdbeben zu vermeiden. Aber in seiner Blauäugigkeit hat er den Aberglauben der Menschen, der auch gezielt lanciert wird, nicht berücksichtigt. Dazu kommt ein schwacher Präsident Haitis, der die Unterstützung der USA hat, damit sie ihren Einfluss wahren kann. Seine Frau ist ehrgeiziger als er und manipuliert in ihrem Sinne.

Maria versucht zu ermitteln und erhält dabei Unterstützung von dem Fotografen Rafael und von Craig, einem undurchsichtigen Helfer, der in Haiti Seife verteilt. Wem kann sie wirklich trauen? Sie tritt einigen Leuten auf die Füße. Wie sehr sie sich in Gefahr begibt, ahnt sie nicht.

Anfangs liest sich dieses Buch etwas zäh, die einzelnen Handlungsstränge müssen erst zusammengeführt werden. Wenn man dann langsam die Zusammenhänge durchschaut, geht es rasant weiter. Aus verschiedenen Blickwinkeln erhält man Einblick auf die Verhältnisse in dem geschundenen Land und die Interessen der einzelnen Protagonisten. Diese habe alle einen etwas dunklen Hintergrund. Das macht die Geschichte besonders interessant.

Das Buch ist nicht so einfach herunter zu lesen, es macht nachdenklich und wütend. Es entlarvt die Verhältnisse und ist somit nicht nur Krimi, sondern auch gesellschaftskritischer Roman mit gut recherchiertem Hintergrund. Nach Katastrophen schaut die ganze Welt für kurze Zeit hin, um dann ganz schnell zu vergessen. Statt die Hilfe zu bündeln, kocht jeder sein eigenes Süppchen, so dass ein Wiederaufbau letztendlich an den hilflosen Betroffenen hängt.

Die Geschichte ist sehr lebendig und emotional beschrieben und lässt einen nicht los. Es gibt immer wieder überraschende Wendungen und auch das Ende ist so nicht voraus zu sehen.

Empfehlenswert!