Rezension

Erstaunliche Bandbreite...

Männer in Kamelhaarmänteln -

Männer in Kamelhaarmänteln
von Elke Heidenreich

Bewertet mit 4 Sternen

Viele Kurz- und Kürzestgeschichten rund um das Thema Kleidung. Echt unterhaltsam, oft persönlich und durch einige Fotos wunderbar ergänzt...

Elke Heidenreich kennt sich aus, mit Jacke und Hose, Rock und Hut – vor allem aber mit den Menschen. Gut aussehen wollen alle, aber steckt nicht noch viel mehr dahinter? Warum sind einem die Jugendfotos im Faltenrock so peinlich? Warum kauft man sich etwas, was einem weder passt noch steht? Wenn Elke Heidenreich von Kleidern erzählt, dann erzählt sie vom Leben selber: von sich mit sechzehn, von Freundinnen und Freunden, von Liebe und Trennung, erzählt Geschichten, komisch und traurig wie nur sie es kann, in denen jeder sich wiedererkennt: sei‘s in ausgeleierten Jeans, sei’s in der wunderbaren Bluse, die schon keine Farben mehr hat, oder schlimmstenfalls im Kamelhaarmantel. 

Eine Sammlung von Kurz- und Kürzestgeschichten präsentiert Elke Heidenreich hier, viele nicht länger als ein oder zwei Seiten. Untergliedert sind sie nach Farbbegriffen (Rot - Gold - Grün - Schwarz - Weiß...) und werden so grob zu Gruppen geordnet. Dabei erschloss sich mir die Zuordnung der einzelnen Geschichten zu den Farben nicht immer - klar, ein rotes Kleid gehört in die Rubrik 'Rot', aber bei anderen Erzählungen sah ich den Zusammenhang nicht wirklich. Das aber nur mal nebenbei...

Hier auf einzelne Geschichten einzugehen, halte ich für müßig - dafür sind es einfach zu viele. In jedem Fall ist es beeindruckend, auf welch unterschiedliche Weise man sich der Thematik 'Kleidung' nähern kann. Und wie viel Persönliches hier einfließt. Das gefiel mir besonders gut, auch die Ergänzung mit den Fotos, die oftmals die Autorin selbst darstellen. Mode ist irgendwie nichts, was ich mit Elke Heidenreich in Verbindung gebracht hätte. Und doch hat sie dafür ein besonderes Faible, eine eigene Note, zu einigen Stücken gar eine große Liebe und Verbundenheit. Das ist irgendwie schön zu lesen. 

Ob einen selbst das Thema 'Mode' nun interessiert oder nicht - hier erhält man einfach einen kleinen Einblick in das Leben und Denken der Elke Heidenreich, und alleine das ist interessant und macht Spaß. Ob es nun ihre Erlebnisse bei öffentlichen Auftritten sind, ihre 'modischen Verirrungen' in der Jugendzeit, ihre zahlreichen Lieben, Freundschaften, Begegnungen - sie weiß immer etwas Interessantes zu erzählen. Unterbrochen werden die persönlichen Einblicke durch Anekdoten, die nichts mit der Autorin zu tun haben oder durch biografische Einsprengsel anderer Berühmtheiten. So wird beispielsweise der berühmten Frida Kahlo eine längere Erzählung gewidmet - und die mexikanische Malerin ist es tatsächlich auch, die das Cover ziert. Das war für mich zumindest eine riesige Überraschung.

Wirklich eine bunte Mischung von Erzählungen, die hier präsentiert werden. Nicht alle sprachen mich an, aber das ist bei solchen Geschichten-Sammlungen ja typisch. Mir gefiel hier vor allem der persönliche Einblick, den Elke Heidenreich gewährt, aber auch ihr Augenzwinkern und ihr Witz in einigen Erzählungen. Selbst weniger schöne Erinnerungen werden mit dem Abstand zum Erlebten mit einer gewissen Distanz angerissen, und im Zusammenhang mit dem Thema Mode erhält auch Dramatisches eine ganz eigene Note. Ich denke da beispielsweise an ein spezielles Kleid in Verbindung mit Elke Heidenreichs berühmten Kater Nero Corleone...

Der letzte Abschnitt ('Coda') hat mir nicht ganz so zugesagt , in dem es um berühmte Filmkostüme geht. Das war zwar ganz unterhaltsam, aber mir haben die persönlicheren Erzählungen einfach besser gefallen. Vor allem, da die Autorin ausreichend Einblicke gab, dass man den Eindruck erhielt, sie ein wenig besser kennenzulernen, dabei aber keine Nabelschau betrieb. 

Alles in allem jedoch eine schöne Mischung an Erzählungen, die teilweise auch eigene Erinnerungen ans Tageslicht fördern! 

 

© Parden