Etwas fehlt
Bewertet mit 4 Sternen
Als Gablé Fan der ersten Stunde war es für mich klar, dass ich diesen Roman lesen würde. Obwohl es wirklich ein guter historischer Roman ist, war ich sehr enttäuscht. Ich habe lange gewartet, um diese Rezension zu schreiben, weil mir erst nicht klar war, warum es so war.
Tugomir ist ein slawischer Fürstensohn und bereitet sich auf das Leben als Priester vor, als plötzlich seine Heimat vom deutschen König überfallen wird. Sein älterer Bruder wird dabei getötet, er selbst und seine Schwester Geiseln am Königshof. Dragomira wird die Geliebte des Prinzen Otto, während Tugomir versucht, seine Identität in der Fremde zu erhalten...
Viele Dinge in diesem Roman sind so, wie man sie von Gablé kennt: Ein nachvollziehbarer Protagonist, gute Recherche und lebendige Figuren, die sich nicht klar verorten lassen. Auch der Stil war mitreißend, die Thematik spannend. Ich habe also lange darüber nachgedacht, warum mir dieses Buch (wie auch die letzten Romane Gablés) nicht so sehr gefiel wie die ersten. Dann wurde es mir klar: Es fehlt die Tiefe in den Figuren. Zumindest die Nebenfiguren entwickeln sich kaum weiter und wenn, ist dies nicht komplett nachvollziehbar begleitet. Ich hatte das Gefühl, dass die Figuren in der persönlichen Entwicklung einfach auf der Stelle traten oder zum Schluss völlig andere Personen waren. Dabei ist gerade diese Tiefe in jeder Figur das, was ich an den Gablé Romanen liebe. Ich hoffe, dass die zukünftigen Romane der Autorin wieder genau das mitbringen.
Fazit: Ein guter historischer Roman mit interessantem Setting. Leider bringt Das Haupt der Welt nicht die Tiefe mit, die die älteren Romane Gablés so lesenswert machen.
PS. Ein kleines Beispiel für die Entwicklung der Figuren, die mir hier fehlt: In Das Lächeln der Fortuna entwickelt sich Isaak von einem einfachen Stallburschen zu einem selbstbewussten Verwalter. Solche Entwicklungen gibt es zum Beispiel auch in Die Siedler von Catan, Der König der purpurnen Stadt oder Das zweite Königreich. In Das Haupt der Welt leider nicht.