Rezension

Familienprobleme

Serge -

Serge
von Yasmina Reza

Bewertet mit 3 Sternen

Die Geschwister Serge, Jean und Nana stammen aus einer französisch jüdischen Familie. Es verbindet sie nicht viel Gemeinsames. Der Vater ist vor einigen Jahren verstorben. Als nun auch die Mutter stirbt verfallen sie auf die seltsame Idee, miteinander die Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz aufzusuchen.

Die französische Autorin Yasmin Reza hat selbst jüdische Wurzeln. Überzeugt hat mich seinerzeit ihr Werk Der Gott des Gemetzels vor allem wegen der pointierten Dialoge in diesem Kammerspiel der Eitelkeiten. In „Serge“ stellt sie uns nun die Familie Popper vor.

Serge, der mit seinen gut 60 Jahren der Älteste der drei, geschieden, mit einer Tochter aus erster Ehe ist ein unsensibler Egoist. Unbedacht stößt er seine Mitmenschen und Angehörigen vor den Kopf. Nana ist verheiratet mit Ramos. Dessen Herkunft aus dem Arbeitermilieu ist oft genug Futter für Serges herablassenden Spott.

Jean steht ein bisschen in der Mitte, er ist auch der Ich-Erzähler in diesem Roman, ein bemühter Vermittler und Beobachter.

Meistens kreist die Handlung um alltägliche Probleme, Beziehungsgeschichten, aufgefüllt mit Anekdoten früherer Ereignisse. Der Versuch, die Familie durch die gemeinsame Reise nach Auschwitz zu einen, scheitert.

Was dieses Buch an Fragen aufwirft, was es bedeutet jüdisch zu sein, was Familie bedeutet, wie mit dem Alter, Krankheit und Tod umgehen – große Fragen – allein auch dieses Buch findet dazu keine Antworten.

Diskussionswürdig ist allerdings die Haltung der Autorin zu den Gedenkstätten, wie weit Orte wie Auschwitz benutzt werden dürfen, das Gedenken aufrecht zu erhalten. Ist es gerechtfertigt Besucherströme durch diese Orte zu schleusen, diese faktisch touristisch aufzubereiten? Braucht es einen physischen Zugang um „niemals zu vergessen“? In mir jedenfalls erzeugt es ein extremes Unbehagen, einen Ort wie Auschwitz als Ausflugsziel zu verstehen. Für diese Überlegungen hat es sich wohl doch gelohnt den Roman „Serge“ zu lesen.