Rezension

Femizid

Arctic Mirage -

Arctic Mirage
von Terhi Kokkonen

Bewertet mit 5 Sternen

In einem stroboskopisch anmutenden Schreibstil widmet sich die Autorin dem Thema Gewalt gegen Frauen insbesondere in der Ehe.

 

Für einen Kurzurlaub sind die Eheleute Karo und Risto nach Lappland gefahren und werden bereits bei der Anreise in einen schweren Unfall verwickelt. Infolge dieses Unfalles bröckelt nach und nach die sorgfältig aufgebaute Fassade der Eheleute. Nicht nur das beide in ihrer Kindheit unter Gewalt in der Familie gelitten haben, scheinen beide genau das weiter zu leben und auch weiter zu geben was sie in ihrer Kindheit erlebt haben. Unfassbar und sogleich gelebter Alltag, ist das bewusste Wegschauen der Gesellschaft. Am schockierensten jedoch wird mir wohl die Szene einen Arztes im Gedächtnis bleiben, der Karo Psychopharmaka verschreibt, um diese ruhig zustellen, nur damit Risto es noch leichter hat sie zu misshandeln. Meiner Meinung nach leben diese beiden in einer absolut toxischen Beziehung, in einer Spirale aus Gewalt und Demütigung, aus der es scheinbar kein Entkommen gibt.

 

Anfangs glaubte ich wirklich Karo hätte psychische Probleme, zumal ihre so akkurate Fassade in nur kurzer Zeit vollkommen zusammenbricht. Hinzu kommt natürlich das ihr Risto auch wirklich übel mitspielt und sie dadurch an ihrem Verstand zweifeln lässt. Noch schlimmer jedoch ist das Ärzte einfach die Augen verschließen vor der Tatsache, das der Ehemann seine Frau einfach nur ruhigstellen will, um sie nicht nur zu misshandeln sondern Stück für Stück zu zerstören und dafür ist natürlich eine selbstbewusste Frau mit klaren Verstand schlicht und einfach nicht zu gebrauchen. Aber es ist natürlich falsch nur Ärzten die Schuld in die Schuhe zu schieben. Nein die Gesellschaft versagt, nicht nur hier in diesem Roman sondern überall auf der Welt. Wir verschließen die Augen. Schauen weg. Auch wenn in regelmäßigen Abständen das Thema Femizide in den Medien auftaucht, schieben wir es immer schön weg.

 

Risto steht stellvertretend für Männer, die in ihrer Kindheit nicht nur selbst Gewalt ertragen haben sondern, die diese auch weiter geben. Er steckt in einer Lebenswirklichkeit einer Spirale fest, in der Gewalt gegen Frauen, sei es körperliche oder auch psychische vollkommen legal ist. Es ist für ihn vollkommen richtig. Es gelingt ihm sich der Gesellschaft gegenüber als Opfer einer einer instabilen Ehefrau darzustellen, nur um sie ruhigstellen zu können und sie weiter malträtieren zu können. Für ihn wird es zu einer Stresssituation, wie sie anfängt ihre Rolle in dieser toxischen Ehe in Frage zu stellen und ihre Medis absetzt.

 

Ein ruhiges, ja friedlichen Cover, das die Fassade dieser Ehe gut darstellt und auch wie allein sich Karo fühlt, wie isoliert.

 

Fazit: Ein wirklich eindringliches Buch, das an den Leser appeliert, nicht wegzuschauen und nicht die Augen zu schließen. Gut an den Erzählstil muss man sich erst gewöhnen, aber wenn man erst mal in der Story drin ist, kann man einfach nicht mehr aufhören zu lesen. Also lest dieses Buch auch wenn es schwere Kost ist.