Rezension

Fesselnd bis zur letzten Seite

Die Kriminalistinnen. Acht Schüsse im Schnee -

Die Kriminalistinnen. Acht Schüsse im Schnee
von Mathias Berg

Bewertet mit 5 Sternen

Man schreibt den März im Jahre 1970. Die sechs Aspirantinnen für den Kriminaldienst durchlaufen die verschiedenen Abteilungen. Nach wie vor werden sie als „Experiment“ geführt und manche der Vorgesetzten sehen mit skeptischen Blicken auf die jungen Damen, die aus unterschiedlichen Gründen bei der Polizei angeheuert haben. Die Bewährungsprobe ist dann der Mord an Millionär Theo Ellerbeck, der vor seiner Villa mit acht Schüssen getötet wird. Lucia Specht, derzeit gerade der Sitte zugeteilt, wird in das Mordermittlerteam eingebunden, da sie am Tag zuvor Ellerbecks minderjährige Tochter Michaela bei einer Razzia in einer Disco mit einem gefälschten Ausweis aufgegriffen hat. Das Mädchen will nur mit Lucia sprechen. Michaela gibt an, den Mord vom Küchenfenster gesehen haben zu wollen.

 

Die Ermittlungen laufen im Düsseldorfer Polizeipräsidium auf Hochtouren, war doch Ellerbeck ein Mann mit großen Einfluss. Feinde, so sagen die Menschen in seinem Umfeld, hatte er keine. Warum also, wurde er dann regelrecht hingerichtet? Wer profitiert von seinem Tod? Je tiefer Lucia Specht und ihre KollegInnen in den Fall eindringen, desto mehr Widersprüche kommen zum Vorschein.

 

Meine Meinung:

 

Dieser zweite Krimi rund um die sechs ersten weiblichen Kriminalbeamten für die Bereiche Gewaltverbrechen in Deutschland ist an ein wahres Verbrechen angelehnt. Bisher werden Polizistinnen eher für Recherchearbeit oder bei der Sitte oder zur Unterstützung der Fürsorge eingesetzt.

 

Ich kenne den ersten Fall „Der Tod des Blumenmädchens“ leider nicht und habe den schon bestellt. Es gibt zwar einige Rückblenden, was die Herkunft und die Motivation der jungen Frauen in den Kriminaldienst einzutreten betrifft. Im vorliegenden Fall ist Lucia Specht quasi die Hauptperson. Sie will den mysteriösen Tod ihre Mutter aufklären und nützt dafür den Polizeiapparat.

 

Mir hat dieser zweite Krimi aus dieser Reihe, die hoffentlich noch einige Fortsetzungen haben wird, sehr gut gefallen, vor allem auch deswegen, weil er uns die Zeit von 1970 näherbringt. Ehefrauen dürfen nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Ehemanns arbeiten, was bei Petra, die mit einem Staatsanwalt verheiratet ist und von einem Team, das gemeinsam Verbrecher jagt träumt, mit häuslicher Gewalt endet.

 

Andererseits sind die Frauen ständig sexuellen Belästigungen durch Kollegen und Vorgesetzte ausgesetzt. Das Abweisen von Avancen mündet häufig in Versetzung in das sprichwörtliche „Besenkammerl“ und schlechter Beurteilung. Wie sich die Frauen gegen diese Übergriffe wehren, ist unterschiedlich. Lilly nimmt seit einiger Zeit an einem Boxtraining teil, während Lucia es bislang geschafft hat, ihre Widersacher verbal niederzuringen.

 

Daneben sind noch zahlreiche Kollegen wie Müller, die schon während der NS-Zeit bei der Polizei waren und ihre Ansichten über Frauen und Homosexuelle nicht geändert haben. Einige der Männer fühlen sich quasi kastriert, wenn nun auch weibliche Kriminalbeamte Waffen tragen dürfen. Also eine Gemengelage, die es in sich hat.

 

Die Charaktere sind sorgfältig und ziemlich authentisch dargestellt. Die Frauen zeichnen sich durch den Zusammenhalt in ihrer Gruppe aus und stellen Fragen, die Männer so nicht in den Sinn gekommen wären. Das liest sich dann so:

 

»Ich habe da einen Gedanken«, sagte sie laut, »hört mal bitte zu.«

Menden blieb stehen. Wir sahen Mieze aufmerksam an.

 

 »In meiner Zeit bei der Vermisstenabteilung habe ich eines gelernt: Wenn Menschen freiwillig verschwinden, ist es so, dass sie sich an Orten aufhalten, an denen sie sich sicher fühlen. Orte, die anonym sind oder die sie aus ihrer Vergangenheit kennen, die positiv belegt sind für sie oder einen Sehnsuchtsort darstellen. Ich dachte mir gerade: Was ist, wenn es bei Michaela anders ist? Wenn für sie der beste Ort, um sich zu verstecken, der wäre, an dem sie niemand vermutet? Ein Ort, den sie selbst furchtbar findet. Denn dort würden wir nicht suchen.«

 

Mieze sah uns erwartungsvoll an. Menden drehte sich langsam um die eigene Achse. Er straffte die Schultern und sah zu Lenzian.

 

 »Warum kommst du nicht auf solche Ideen?«, sagte er zu ihm.

 

Der Kriminal Theo Ellerbeck ist komplex und führt sowohl Ermittler als auch uns Leser in so manche Sackgasse. Die Auflösung ist für mich nicht ganz überraschend, aber schlüssig.

 

Der Cliffhanger auf den letzten Seiten ist echt fies!

 

Fazit:

 

Gerne gebe ich diesem Krimi, der uns in das Jahr 1970 und in die Anfänge der weiblichen Kriminalpolizei zurückführt, 5 Sterne.