Rezension

Fesselnder Politthriller

Lena Halberg - Paris '97 - Ernest Nyborg

Lena Halberg - Paris '97
von Ernest Nyborg

Bewertet mit 5 Sternen

„...Wahrheit ist immer nur das, was wir dazu machen...“

 

Franco ist Fotograf. Im Jahre 1997 folgt er dem Auto von Prinzessin Diana. Dabei sieht er, wie der Mercedes von einem Motorrad abgedrängt wird. Es gelingt ihm, die Motorradfahrer zu fotografieren. Kurze Zeit darauf ist er tot. Für Lena, Journalistin und seine Freundin, ist die Todesnachricht ein Schock. Zwar spürt sie, dass es Widersprüche bei ihren Nachforschungen in Frankreich gibt. Doch gegen die Mauer des Schweigens hat sie keine Chance.

Fünfzehn Jahre später erhält sie von Francos Eltern Erinnerungsstücke. Dabei ist eine Karte, die beweist, dass sie damals belogen wurde. Mittlerweile arbeitet Lena als Fernsehjournalistin in London. Doch sie will den alten Fall wieder aufrollen und sticht in ein Wespennest.

Um Lena von ihren Ermittlungen abzuhalten, schickt Jan sie nach Amerika. Dort ist ein Politiker tödlich verunglückt. Plötzlich gibt es Parallelen zu den Geschehnissen von 1997. In Lenas Visier gerät die Waffenlobby. Jetzt wird es für sie lebensgefährlich.

Der Autor hat einen fesselnden Politthriller geschrieben. Das Buch lässt sich gut lesen und hat mich schnell in seinen Bann gezogen.

Die Protagonisten sind ausführlich charakterisiert. Dabei wird ihre Persönlichkeit nicht nur durch Worte, sondern vor allem durch ihre Handlungen gekennzeichnet. Lena nimmt ihren Beruf ernst. Sie scheut kein persönliches Risiko. Sie lässt sich ihr Engagement auch nicht von Jan ausreden. Jan ist ihr Vorgesetzter und ihr momentaner Lebensgefährte. Seinen Biss als Journalist hat er aber längst verloren. Angepasstheit und Ängstlichkeit kennzeichnen sein Wesen. Das verstärkt sich, als sich herausstellt, dass sein Chef in die Fälle verstrickt ist.

Die spannende und abwechslungsreiche Handlung ist aber nur eine Seite des Romans. Auf geschickte Weise gelingt es dem Autor, aktuelle politische Probleme in die Handlung zu integrieren. Bestechliche Politiker, Geheimdienstleute, die eigene Wege gehen, und verbotene Geschäfte der Waffenlobby sind dabei nur die Kernpunkte. Der aufmerksame Leser wird viele Sätze finden, die ihm selbst in ähnlicher Weise schon durch den Kopf gegangen sind, wenn es um die politischen und wirtschaftlichen Tagesgeschäfte geht. Obiges Zitat bringt es auf den Punkt. Die Wahrheit wird zurechtgebogen. Menschen sind nur Spielfiguren auf dem Schachbrett der Weltpolitik. Wer stört, muss weg. Was in Europa und den USA nicht möglich ist, wird in andere Teile der Welt ausgelagert.

Der Sprachstil des Buches lässt sich angenehm lesen. Glasklare Analysen der Situation, aussagekräftige Dialoge und rasante Handlungsabschnitte wechseln sich ab. Ab und an schwingt eine Spur von bitteren Sarkasmus mit. Wie Worte manipulieren können, wird sprachlich ausgezeichnet wiedergegeben.

Die Geschichte ist logisch geschickt aufgebaut. Ich als Leser weiß immer eine Kleinigkeit mehr als Lena. Sie darf dann Puzzle für Puzzle das Geschehen entwirren. Im Spannungsfeld zwischen ihren Ermittlungen und den Reaktionen ihrer Gegner entwickelt sich nach und nach ein Gesamtbild der Handlung.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es ist beängstigend, dass die Romanhandlung punktuell nur einen Wimpernschlag von der Realität entfernt ist. Für politisch interessierte Leser bleiben nach dem Lesen viele Fragen. Das hat nichts mit dem eigentlichen Handlung des Buches zu tun. Dort wird das Geschehen konsequent und vollständig zu Ende geführt. Die Fragen ergeben sich aus den angesprochenen politischen Problemen und deren möglichen Folgen. Ich mag Bücher, die mich zum Nachdenken zwingen!