Rezension

Finger weg!

Hilfe, ich bin reich! - Kim Schneyder

Hilfe, ich bin reich!
von Kim Schneyder

Molly Becker könnte eigentlich ein schönes Leben führen. Sie hat einen tollen Job, einen Partner und lebt mit ihren besten Freundinnen zusammen. Doch das ist ihr nicht genug. Sie hat bei ihrem Arbeitgeber Schulden, weil sie den Arbeitsvertrag nicht gelesen hat und gerät auch sonst immer in jedes Fettnäpfen.
Da kommt ihr ein Lottogewinn gerade recht. Sie gewinnt 1,5 Millionen Euro, hält diesen Gewinn aber geheim, um nicht ausgenutzt zu werden. Sie begleicht nach einiger Zeit ihre Schulden und möchte ihren Mitmenschen etwas Gutes tun, allerdings sollen diese nicht wissen, dass die Geschenke von ihr sind.
Doch was sie sich damit selbst antut, erkennt sie erst viel zu spät..

Ich muss gestehen, dass ich dieses Hörbuch am liebsten schon nach einer Stunde abgebrochen hätte. Dank der Sprecherin Irina von Bentheim habe ich dieses jedoch gelassen, da sie hierbei noch irgendwie versucht hat, das Beste aus der Geschichte heraus zu holen.

Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob ich bei der Geschichte lachen oder weinen soll. Im Prinzip ist die Idee nicht schlecht, allerdings ist die Geschichte an vielen Stellen geklaut. Fairerweise hätte die Geschichte “Hilfe, ich bin reich – oder auch die Schnäppchenjägerin” heißen müssen.
Zwar ist es besonders im Chick-Lit Bereich selten, dass mal eine komplett neue Geschichte entsteht, aber hier gab es mir einfach zu viele Parallelen, sodass dieser Vergleich einfach entstehen muss.

Besonders schlimm ist hierbei die Protagonistin der Geschichte: Molly Becker.
Himmel, habe ich mich über diese Frau aufgeregt, hier würde selbst das Wort Antipathie noch zu nett klingen. Selten habe ich so negativ über eine Romanfigur empfunden.

Da gibt es z.B. ihren Job, der wirklich super ist. Aber: Fräulein Becker ist zu doof, ihren Arbeitsvertrag zu lesen und glaubt, das alles, was ihr Arbeitgeber für seine Kunden anbietet auch für sie gilt – UMSONST! Sorry, aber wie naiv muss diese Frau sein, dass sie denkt, dass Friseur- und Kosmetikbesuche, sowie Massagen für sie umsonst sind? Sie soll da schließlich arbeiten!
Also bekommt das werte Fräulein Becker in diesem Monat kein Gehalt, sondern einen Bescheid darüber, dass sie ihrer Agentur knapp 550 EUR schuldet.
Natürlich findet sie das ja alles soooo gemein und sooooo unfair und man hätte ihr das sagen müssen – als ob ein Arbeitsvertrag nicht ausreichen würde…

Kommen wir nun zu ihrem Lottogewinn: Sie hat 1,5 Millionen EUR gewonnen, ja.. schön. Aber anstatt sich wirklich aufrichtig darüber zu freuen, ist ihr erster Gedanke: “Das habe ich mir verdient.”
Doch anstatt ihre Schulden nun zu begleichen, geht sie lieber einkaufen und macht nochmal 40.000 EUR Schulden, obwohl sie genau weiß, dass sie ihren Gewinn erst in drei Wochen erhält. Und laut ihrer Meinung ist ihre Bank ja total dreisst, nur weil sie sie an ihre Schulden erinnern. Ja.. das ist wirklich gemein von ihrer Bank. Na, kommen Erinnerungen an Becky Bloomwood hoch?!

Als wäre das nicht schon katastrophal genug, kommt jetzt noch der Hammer mit den Geschenken:
Sie verheimlicht ihren Gewinn, was ja auch EIGENTLICH vernünftig ist, allerdings lebt sie dennoch in Saus und Braus und wundert sich dann, das ihr neues Luxusleben ihren Mitmenschen auffällt.
Doch anstatt dann wenigstens zu ihren engsten Freunden ehrlich zu sein, belügt sie sie lieber allesamt mit irgendwelchen unglaubwürdigen Lügen – und was ist? Natürlich glauben ihr die Leute. Ach kommen Sie, Frau Schneyder, wie realistisch ist das bitte?

Aber Molly möchte nicht nur allein etwas von ihrem Gewinn haben und möchte dann doch ihr Geld mit ihren Mitmenschen teilen. Wie macht sie das? Sie kauft ihnen anonym Geschenke und bezahlt Hypotheken ab – eigentlich löblich – EIGENTLICH!
Denn sie macht es auf die unwahrscheinlichste Art und Weise, wie man es nur machen kann. Ihren Freundinnen lügt sie vor, Kleidung und sogar ein Cabriolet vom Arbeitgeber mehr oder weniger gesponsert bekommen zu haben. Natürlich sind ihre Freundinnen neidisch und wollen das auch haben und schon muss Molly alles kaufen, was sich ihre Freundinnen wünschen.
Das gleiche gilt für ihre Eltern: Sie müssen ihre Hypotheken bezahlen und Molly übernimmt das. Eigentlich auch hier löblich, doch auch das ist mal wieder völlig an den Haaren herbeigezogen. Molly fälscht ein Schreiben ihrer Bank und behauptet darin, dass die Eltern wegen eines Jubiläums alle Schulden erlassen bekommen. Na klar.. man fälscht einfach so ein Schreiben von der Bank und erwartet, dass die Eltern kein Wort darüber verlieren.

Irgendwann kommt Fräulein Becker dann doch mal auf den Gedanken, dass sie ja mal etwas spenden könnte. Aber anstatt sich hierbei etwas seriöses herauszusuchen, spendet sie lieber an über 30 Organisationen etwas, ohne genau zu wissen, was hierbei mit dem Geld passiert. Als wäre das nicht schon dämlich genug, erwartet Fräulein Becker hier auch noch einen Orden für ihre gute Tat.

Jetzt mal ehrlich: Was soll das? Will uns die Autorin mit so einer Protagonistin komplett verärgern?

Aber nun zum positiven Punkt: Danke Irina von Bentheim!
Danke für ihr Durchhaltevermögen! Danke, dass Sie versucht haben, etwas aus dieser Geschichte herauszuholen!
Die Sprecherin liest die Geschichte flüssig und betont genau an den richtigen Stellen. Sie gibt jedem Charaktere seine eigene Stimme und erreicht mit ein wenig Sarkasmus doch noch einen kleinen Schmunzler bei mir. Mit einer Länge von 8 Stunden und 42 Minuten handelt es sich hier um die ungekürzte Fassung.

Weitere positive Eigenschaften konnte ich an diesem Buch leider nicht entdecken, was mir für die Autorin dann doch schon ein wenig leid tut, vor allem, weil mich ihr Buch “Im Bett mit Brad Pitt” überzeugen konnte.

Für “Hilfe, ich bin reich” kann ich leider keine Kaufempfehlung aussprechen. Eine zu oft dagewesene Handlung und eine mehr als unsympathische Protagonistin machen dieses Hörbuch für mich zum Flop des Jahres. Finger weg!