Rezension

Frisch rezensiert: “Jeder” von Thomas Seidl

JEDER - Thomas Seidl

JEDER
von Thomas Seidl

Bewertet mit 3 Sternen

John Down ist Privatdetektiv. Das Leben hat ihm bislang übel mitgespielt: Sein eigener Vater brachte einst Johns Mutter um, John selbst – damals noch in Diensten von Scotland Yard – gelang es nicht, einen Serienmörder zu fassen und so verfiel er zusehends dem Alkohol. Sein aktueller Auftrag führt den Detektiv in das beschauliche englische Steakbeaver. Susan Sterling, ein Mädchen aus angesehenem Hause, ist verschwunden. Sie hat einen Abschiedsbrief hinterlassen. John wird von Susans Großmutter engagiert und macht sich auf die Suche nach der Vermissten. Dabei stößt er auf schier unglaubliche Abgründe…

“Jeder” von Thomas Seidl ist mit dem Prädikat “Krimithriller” versehen. Vollkommen zu recht, denn der Autor spart in der Geschichte nicht an Szenen, die dem Leser kalte Schauer über den Rücken jagen. Gesellschaftlich ist “Jeder” ebenfalls interessant, denn einige hochrangige Männer leben darin ihre zuweilen bizarren sexuellen Fantasien aus. Das 158-seitige e-Book hat mich von Anfang an gefesselt und ich habe mitgefiebert. In den letzten Kapiteln erleidet die Story allerdings einen deutlich spürbaren Knick. Ab dort überschlagen sich die Ereignisse nämlich derart, dass die Glaubwürdigkeit der Geschichte Schlagseite bekommt. Äußerst schade, denn der Autor hatte sich bis dahin eine solide Thrillerhandlung überlegt und vor dem Hintergrund englischer Herrenhäuser und einsamer Wälder eine lebendige Atmosphäre geschaffen. Mit John Down überträgt er die Hauptrolle einem tragischen Helden, der trotz – oder gerade wegen – seiner Ecken und Kanten Sympathiepunkte beim Leser kassiert. Insgesamt könnte “Jeder” sprachlich noch ein klein wenig Feinschliff vertragen.

Mein Fazit: “Jeder” startet vielversprechend, nimmt mühelos Fahrt auf und unterhält hervorragend – leider nur bis zu dem Punkt gegen Ende, an dem die Geschichte kippt und einfach “too much” ist. Dieses spannende Buch hat definitiv ein anderes – wenn auch weniger spektakuläres – Ende verdient!