Rezension

Für mich ein Highlight trotz Schwächen

Die Lüge -

Die Lüge
von Mikita Franko

Bewertet mit 5 Sternen

Es ist alles andere als einfach mit dieser Geschichte. 

Es ist nicht so ganz einfach diese Geschichte. Und ja, man kann hinterfragen, weshalb Eltern einem Kind solche großen Lügen zu muten. Sie sind keinesfalls perfekt, – aber welche Eltern sind das schon? Sie tun alles dafür, um ihren Sohn glücklich zu machen. Und sind auch für ihn da, als es ihm wirklich schlecht geht. Miki leidet an einem bestimmten Punkt an Depressionen. Er hat heftige Auseinandersetzungen mit einem seiner beiden Väter, und er reagiert auch selbst homophob, als seine beste Freundin ihm eröffnet, dass sie lesbisch ist.

 

Manchmal stellt sich schon die Frage, für wen genau das Buch eigentlich geschrieben ist. Ich selbst denke, dass sich Menschen aus der queeren Community in Russland darin auch wieder finden können.

Als Jugendbuch habe ich es aber trotz des Mikis Alter nicht empfunden. Ich hatte eher den Eindruck, dass es sich an Erwachsene richtet, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben oder sich an anderen Stellen darin wiederfinden können. Ehrlich gesagt finde ich es auch sehr Komplex und ich verstehe, dass man bestimme Aspekte eventuell sogar Missverstehen kann (den Eindruck hatte ich teilweise bei Meinungen auf Goodreads). Da wurde dem Buch sogar der Vorwurf gemacht, Vorurteile noch zu schüren.) es ist nicht alles so superhappy und es gibt immer mal Gedanken, die aus einer Gesellschaft heraus in der queere Liebe anerkannter ist als in Russland, schwer nach vollziehbar sind. Manchmal fragte ich mich auch, ob bestimmte Aspekte deshalb so erzählt wurden, damit jemand in Russland sie falsch versteht​ und der Roman  ohne Probleme veröffentlicht werden kann.

"Die Lüge" ist rough wie man so schön sagt. Es ist nicht eine dieser Geschichten, nach denen man mit Herzchen und Sternchen in den Augen dasitzt. Wer etwas wie Hearstopper erwartet, ist hier falsch.

 

Dafür ist es aber ehrlich und realistisch. Die Zerrissenheit Mikis, seine Unsicherheiten und Ängste. Das alles kommt auch daher, das er nicht die Möglichkeit hatte, offen und frei aufzuwachsen. Zum Teil kann man das seinen Eltern schon auch vorwerfen, ein Kind sollte nicht die Lügen der Eltern mit leben müssen. Aber gleichzeitig sollte ein Kind eben auch die Möglichkeit haben, bei den Menschen auf zu wachsen, die es lieben. Und die Eltern sollten die Chance haben, miteinander glücklich zu sein. Es ist also keinesfalls so einfach in Schwarz und Weiß aufgeteilt.

 

Perfekt… was ist schon perfekt… Dieser Roman keinesfalls. Ich finde am Ende fehlt etwas um die Handlung etwas runder abzuschließen. Der Epilog ist auf einmal da. Und auch Mikis aufkeimende Gefühle hätten tiefer beleuchtet werden können. Ich fand es schade, dass Manches es an ein paar Stellen nicht versöhnlicher gelöst wurde. Gleichzeitig sind aber genau diese Aspekte auch wichtig, um die Auswirkungen der Diskriminierung auf die Gefühlswelt besonders auch von Teenager:innen zu verstehen. 

Trotzdem hat der Roman etwas an sich, das mich tief getroffen hat. Schon nach dem ersten Kapitel hatte ich diesen Herzklopf-moment den ich immer dann habe, wenn ich merke: Das wird gut, so richtig richtig gut.