Rezension

Furchtbar schwülstig!

Das Licht zwischen den Meeren, 10 Audio-CDs - M. L. Stedman

Das Licht zwischen den Meeren, 10 Audio-CDs
von M. L. Stedman

Bewertet mit 2 Sternen

~~Inhalt:

Wir schreiben das Jahr 1926 und befinden uns irgendwo an der Australischen Küste. Nach den Wirren des Ersten Weltkrieges bewirbt sich Tom Sherbourne als Leuchtturmwärter und findet erstmalig etwas Frieden nach dem Kriegstrauma auf der kleinen Insel Janus Rock. Ja, er lernt sogar eine lebenslustige junge Frau kennen, Isabel. Die beiden verlieben sich und heiraten. Doch das gemeinsame Glück ist getrübt: Isabel erleidet mehrere Fehlgeburten, und es wird klar, dass sie keine eigenen Kinder bekommen kann. Dann passiert eines Tages das Unglaubliche: In einem Boot wird ein toter Mann angespült - und bei ihm befindet sich ein quicklebendiges Baby, ein Mädchen! Isabel kann nicht anders, sie überedet Tom, den Vorfall nicht zu melden, und die beiden kümmern sich fortan um das Kind, das sie Lucy nennen. Doch als die kleine Familie wieder aufs Festland zurückkehrt, stellt sich heraus, dass die Mutter des Babys noch lebt und verzweifelt um ihr Kind trauert ...

Meinung:

Ach du meine Güte, dieses (Hör-)Buch hat mich so oft verzweifeln lassen und mich mehr und mehr aggressiv gemacht, je näher ich dem Ende kam (ich habe irgendwann einfach nur noch durchgehalten!). Ich bin jetzt einfach nur froh, dass ich die letzte CD wieder in ihren Schuber packen kann!

Es gibt in meinen Augen gleich mehrere Schwächen des Buches.

Zunächst zu meinem größten Kritikpunkt: Isabel. Es ist ja noch alles ganz erträglich und nett zu lesen bis zu dem Punkt, an dem ein Baby in einem Boot an die Küste der Leuchtturminsel angespült wird. Man mag ja über diesen haarsträubenden Zufall noch hinwegsehen, aber was sich die Protagonistin Isabel dann leistet, ist kaum nachvollziehbar.

Isabel ist allen Ernstes der Meinung, weil der Mann im Boot tot ist, treffe das gleiche auch auf die Mutter zu - und Gott habe ihr und Tom dieses Kind gesandt, um sich darum zu kümmern. Ich habe echt Schnappatmung angesichts dieser Ignoranz bekommen! Zweifel an Isabels kruder Theorie werden stets zur Seiten gedrängt, auch die Einwände ihres Mannes Tom verhallen ungehört. Noch schlimmer, über all die Jahre nimmt Isabel nie die Seelenqualen ihres Ehegatten wahr, es kümmert sie gar nicht. Alles, was Isabel will, ist Mutter sein - und ihr Gehirn schaltet sich aus. Zu keinem Zeitpunkt konnte ich Isabels Entscheidungen und Handlungen nachvollziehen, weswegen ich auch keinerlei Sympathie für sie verspürte. Alles Leid, das im Folgenden geschieht, hat sie sich im Prinzip aufgrund ihres egoistischen und blinden Verhaltens selbst zuzuschreiben. Aber Einsicht? Keine Spur!

Nächste Meckergrund: die Spache bzw. der Schreibstil. Hui, bisweilen haben sich mir die Zehennägel hochgerollt angesichts manch schwülstiger Wendungen. Ich gebe mal ein Beispiel, das ich aus einer anderen Rezi kopiert habe, und das einfach nur treffend ist:

 „So nahtlos verband sich der Wurzelstock von Isabels Kinderwunsch – das innerste und dringendste Anliegen ihres nach der letzten Totgeburt verwundeten und aufgewühlten Herzens – mit dem Schössling, dem mutterlosen Baby, wie ein veredelter Trieb mit einem Rosenbusch verwächst.“ *schauder*

Hinzu kommt eine recht große Portion an Kleinkindsprache, mit der ich wiklich gar nichts anfangen kann. Die ganze Zeit "Dada hier" und "Dada da" und "Lulu Leuchtturm" ...

Dabei bleibt der Schreibstil für mich merkwürdig distanziert, echte Emotionen kamen durch die endlosen Beschreibungen und Metaphern und Erklärungen bei mir nicht an. Das mag auch daran liegen, dass sämtlich Charaktere völlig zweidimensional bleiben und austauschbar sind. Im Prinzip sind sie nur Statisten im Isabel-Drama. Die einzige Ausnahme ist Tom, dem ich seine Entscheidungen und Zweifel ganz gut abnehmen konnte. Dennoch kam er mir oftmals wie ein Softie vor, und gerade zum Ende hin verursachte mir seine Selbstaufopferung echt Übelkeit.

Fazit:

Wer auf die Glorifizierung von Mutterschaft steht und generell auf einen Stoff á la Rosamunde Pilcher mit künstlich herbeigeführten Dramen steht, fü denjenigen mag dieses Buch genau die richtige Lektüre sein. Ich musste jedenfalls kämpfen, bis zum Ende durchzuhalten.

2 von 5 Sternen

Kommentare

Sursulapitschi kommentierte am 11. Mai 2017 um 21:22

Zustimmung in allen Punkten! Ich denke außerdem darüber nach, ob der Sprecher eine gute Wahl war. Gerade wenn er die Kinderstimme zum Besten gibt, wird es absurd.