Rezension

Futuristische Nerd-Nostalgie

Ready Player One - Ernest Cline

Ready Player One
von Ernest Cline

Bewertet mit 3 Sternen

Wir schreiben das Jahr 2044 und es sieht ziemlich düster aus: Erdöl und Jobs sind Mangelware, Armut für die meisten Menschen an der Tagesordnung. Der einzige Ort, der das Leben des 18jährigen Wade erträglich macht, ist die OASIS. Eine riesige virtuelle Welt in der er zur Schule geht, seinen nicht ganz so perfekten Körper hinter einem muskulösen Avatar verstecken kann, mit Freunden abhängt und theoretisch alle möglichen Abenteuer erleben könnte. Doch für das Reisen innerhalb der Oasis fehlt ihm das Geld. Aber Wade ist auch ein Jäger: Denn Halliday, der Erfinder der OASIS hat, irgendwo ein Easter Egg versteckt, das dem Finder Reichtum und die Kontrolle über die gesamte OASIS verspricht. Dieses Easter Egg hätte auch der ein oder andere Konzernboss gerne. Und so entspinnt sich ein temporeicher Kampf zwischen Gut und Böse.

Über diese zukünftige und doch gut vorstellbare Welt mit all ihren Besonderheiten zu lesen hat mir Spaß gemacht. Auch die vielen Referenzen auf die Popkultur der frühen 80er Jahre haben mir gefallen. Cline verbindet hier gekonnt ein futuristisches Szenario mit ganz viel Nerd-Nostalgie. Weniger gelungen fand ich die Umsetzung mit den jugendlichen Hauptfiguren und der eher platten Sprache. Entweder, ich habe erwachsene Leser, die die Referenzen verstehen oder ich habe jugendliche Leser, die näher an den Charakteren sind. So habe ich nicht ganz verstanden, welche Zielgruppe Cline hier im Auge hatte. Auch ein bisschen Medienkritik hätte dem Roman gut getan.

Schlimm wird es, wenn typisch Jugendbuch das Teeniegekabbel losgeht und Wade seine Pseudocoolness heraushängen lässt:
„Ganz richtig, ich habe dich einen Poser genannt, du Poser!“ Ich stand auf und rückte ihm auf die Pelle. „Du bist ein ignoranter strunzdoofer Tweak. Nur weil du's ins 14. Level geschafft hast bist du noch lange kein Jäger. Dazu muss man nämlich ein wenig Peilung von der Materien haben.“ „Wohl wahr!“ sagte H und nickte zustimmend. Wir schlugen die Fäuste gegeneinander […]."

Bei solchen Dialogen kann man sich nur an den Kopf packen vor lauter Fremdscham. Aber zum Glück wird nicht so viel geredet und nicht jeder Dialog ist ist katastrophal wie der oben genannte.

Des öfteren habe ich mich gefragt, wie um Himmels willen Wade mit nur 18 Jahren dieses Wissen angehäuft hat. Da können diverse Filme fast auswendig mitgesprochen werden, Serien der 70er und 80er wurden komplett geschaut, Musik gehört und natürlich Konsolen- und Automatenspiele mehrfach bis zur Perfektion durchgespielt. Das Wissen rund um das Leben des Kultprogrammierers Halliday gar nicht erst mitgerechnet. Hat diese Junge irgendwann geschlafen?

Ready Player One ist aber trotz seiner Schwächen sehr unterhaltsam und vor allem in der Hörbuchversion von David Nathan wunderbar gelesen! Wer mit den im Buch erwähnten Spielen und Filmen etwas anfangen kann dürfte hier noch wesentlich mehr Spaß haben aber auch ohne dieses „Insiderwissen“ ist es gut lesbar. Mir haben vor allem die Rätsel, die es zu lösen gilt gefallen. Ob ich die Sprache in der Printversion bis zum Ende ertragen hätte ist fraglich. Als Hörbuch ist dieser Kultroman aber durchaus einen Versuch wert.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 26. Dezember 2020 um 19:45

HAHAHA, Minzi!

"Bei solchen Dialogen kann man sich nur an den Kopf packen vor lauter Fremdscham"