Rezension

Geheimnisvolles Leben im nordschwedischen Winter um 1717

Schwarzer Winter - Cecilia Ekbäck

Schwarzer Winter
von Cecilia Ekbäck

Bewertet mit 4 Sternen

Kirche, unnachgiebige Missionierung, Hexenprozesse, Übersinnliches, Krieg und seine Auswirkungen, fehlbare Herrscher, starke Frauen, Zusammenhalt und Zerfall von Familien – all das vereint der Roman von Cecilia Ekbäck.

 Im Sommer 1717 wandern der gescheiterte Fischer Paavo und seine Frau Maaja, eine Hebamme und Heilerin, zusammen mit
 ihren Töchtern Frederika und Dorotea von Finnland ins nord-schwedische Lappland aus. Auf dem Berg Blackasen zieht die
 Familie in den Hof eines Onkels, der das Land verlassen hat, damit sich der depressive Paavo von seiner Angst vor dem
 Wasser erholen und wieder ein normales Leben führen kann.
 Jedoch finden die vierzehnjährige Frederika und die sechsjährige Dorotea kurz nach ihrer Ankunft auf dem Weg zur
 Ziegenweide im Wald einen Toten. Ihr Nachbar Eriksson wurde, wie die herbeigerufene Maaja sofort entdeckt, brutal
 ermordet. Trotz dass die anderen Hofbesitzer, die die Leiche bergen, sich und allen anderen einreden, dass ein Bär
 Eriksson getötet hat, lässt sowohl Maaja als auch Frederika der Tote nicht mehr los. Sowohl Mutter als auch Tochter
 versuchen fortan unabhängig voneinander den Mörder zu finden.
 Sobald Sommer und Herbst vergangen sind, die Familie den zuständigen Pfarrer und die anderen Hofbesitzer sowie den auf
 dem Blackasen lebenden Lappen-Stamm ein wenig näher kennengelernt haben, entscheidet Paavo schweren Herzens seine Frau
 und die Töchter zu verlassen, über den Winter nach Südschweden zu ziehen um für die Familie Geld zu verdienen.
 Alleine mit den Kindern und nach dem Tod der einzigen Kuh beweist Maaja, dass sie eine starke Frau ist und auch im
 schweren nordschwedischen Winter für ihre Töchter sorgen kann.
 In der dunklen Jahreszeit holt sie der Mord an Eriksson immer wieder ein. Besonders, als seine Witwe Elin sich und ihre
 Kinder umbringt. Plötzlich wird klar, dass Maaja nicht nur Heilerin und Hebamme ist, sondern auch mit ihrer toten
 Großmutter Jutta in Verbindung steht. Dies unterdrückt die zähe Frau allerdings regelmäßig, um nicht wie viele
 Bekannte und selbst ihre Mutter als Hexe angeklagt und verbrannt zu werden. Auch aus diesen Gründen hat sie ihre
 Töchter nicht in den alten Künsten unterrichtet. Den Mörder von Eriksson versucht sie anhand von Gesprächen mit den
 Bergbewohnern und durch aufmerksames Suchen, Beobachten und Aufdecken ihrer Geheimnisse zu lösen.
 Frederika, die die Bekanntschaft des charismatischen Lappen-Stammesführers Fearless, dem jungen Stammesmitglied Antti
 und der ebenfalls als Hexe angeklagten aber freigesprochenen Elin macht, steht ebenfalls in Verbindung zu ihrer
 verstorbenen Urgroßmutter Jutta. Jutta hatte ihrer Urenkelin, was Maaja offenbar nicht weiß, dennoch einige Aspekte
 der alten Kunst beigebracht, so dass Frederika nach dem Tod seiner Familie der Geist von Eriksson erscheint, der sie
 förmlich zwingt seinen Mörder zu finden und aufzudecken, welche dunklen Geheim-nisse und Schandtaten die Bergbewohner
 mit sich tragen.
 Die Blackasener sind fleißig darin, das Verschwinden von Kindern oder ganzer Familien, jegliches Unglück, dem Teufel
 zuzurechnen, der den Berg laut Aberglaube beherrschen soll.
 Während Maaja und Frederika jede auf ihre Weise versucht, hinter die Geheimnisse der Bergbewohner zu kommen,
 herauszufinden, warum der Lappe Fearless seine Naturreligion und die alte Kunst aufgegeben hat, um zum Christentum zu
 konvertieren, zu ergründen was den Adligen Nils und seine Frau Kristina in einer solch karge Gegend verschlagen hat,
 was die Ehefrau von Daniel, Anna, so unglücklich gemacht hat, warum der ehemalige Soldat Gustav beizeiten durch das
 Moor geistert, was Lisbet, Henriks Frau krank gemacht hat und welche Gründe Elin dazu bewogen haben, ihre Familie
 auszulöschen, erhält Pfarrer Olaus vom Bischof den Auftrag, den Mord aufzuklären. Doch auch der Pfarrer trägt ein
 Geheimnis mit sich, das ihm schwer zu schaffen macht. Früher Vertrauter des schwedischen Königs, fristet er nun,
 ebenfalls wie die Bergbewohner, sein Dasein im Dorf am Fuße des Berges.
 Während des dunklen und kargen Winters brechen nicht nur Schneestürme und Hunger über die Bergbewohner herein,
 sondern auch übernatürliche Dinge geschehen und verfolgen besonders die beiden Protagonistinnen. Als der Frühling
 kommt wird deutlich, dass die Geschehnisse alle einer größeren, wenn auch vom Menschen gemachten Ordnung, gehorchen
 und es von anderen Mächten gesteuert war, dass zum Beispiel Paavos Briefe an seine Frau und Familie nie bei dieser
 ankommen durften. Schließlich können Maaja, Frederika und der Pfarrer die vielen Rätsel die zu Erikssons Tod geführt
 haben lüften, wenn auch jeder auf seine Weise und jeder nur zu einem Bruchteil des Ganzen. Maaja hat den Mut, Dinge zu
 fragen und direkt anzusprechen, Frederika bedient sich der alten Kunst indem sie sich in dieser übt und der Pfarrer
 durch Gespräche mit dem Bischof und der Witwe seines Vorgängers.
 In drei Teilen erzählt die Autorin in der Vergangenheitsform die Geschichte der Bewohner des Blackasen über ein Jahr
 hinweg. In welcher Jahreszeit das jeweilige Kapitel spielt wird durch hübsche Symbole – eine Sonne, ein Blatt, ein
 Schneekristall und eine Blüte – dargestellt. Den größten Teil nimmt der harte und auf dem Cover dargestellte Winter
 ein, die Dunkelheit und Kälte auch Symbol für die dunklen Geheimnisse und die Kälte zwischen den Menschen. Besonders
 gut gelungen sind die beiden Kapitel, die in kurzen, treffenden Absätzen sowohl einmal zu Anfang der Erzählung und
 gegen Ende die einzelnen Bergbewohner und ihre verborgenen Gefühle aufzeigen.
 Nach einer vermeintlichen Länge zu Anfang des Buches entsteht ein grandioser Spannungsbogen, der dazu führt dass man
 die Erzählung nicht mehr aus der Hand legen möchte.