Rezension

Geschichte mit starkem Sogfaktor

XOXO – Der Rhythmus unseres Lebens -

XOXO – Der Rhythmus unseres Lebens
von Axie Oh

Inhalt:

Neben der Schule übt Jenny jeden Tag hart für ihren Traum, als Cellospielerin groß rauszukommen. Irgendwann möchte sie in einem großen Orchester spielen. Ihre freie Zeit verbringt sie in der Karaoke-Bar ihres Onkels.

So auch an diesem einen Nachmittag an dem Jenny gerade einen schlechten Tag zu vergessen versucht. Eigentlich ist der Talentwettbewerb sehr gut verlaufen. Die Jury war angetan von ihrem Cellospiel. Ja, sie hat Jenny sogar in den höchsten Tönen gelobt. Ein empfindlicher Kritikpunkt, der ihr vorgehalten wurde, hallt aber nach: Ihr fehle der besondere Funke.

Gerade hat Jenny Onkel Jay ihr Leid geklagt und von ihm den Ratschlag erhalten, über eine größere Achtsamkeit und Wertschätzung, mehr Wärme und Leidenschaft zu spüren. Musik tritt bei Onkel Jay als Leidenschaft in Erscheinung, die gleichermaßen Freud wie Leid, das Gute wie auch das Schlechte spiegelt.

Jenny denkt noch über diese Worte nach, als Onkel Jay feststellt, dass einer seiner Kunden seine Zeit überzieht. Jenny nimmt sich des Problems an und erfährt eine Überraschung. Denn in dem Zimmer befindet sich nur ein einzelner Junge. Dieser sitzt traurig und niedergeschlagen in einer Ecke und denkt gar nicht daran die Karaokebar zu verlassen.

Den Onkel um Hilfe bitten, kommt für Jenny nicht in Frage. Sie möchte das Problem selbstständig lösen, zumal sie sich noch gut an dessen Worte erinnert: Sie muss den Tag leben und dazu gehört es, sich dem Leben zu stellen.

Kurzerhand bietet Jenny dem Fremden einen Deal an. Sie bucht zwanzig Extraminuten für die Box. Sollte es ihm gelingen, in einem Gesangsbattle als Sieger hervorzugehen, so bekommt er eine Gratisstunde von ihr. Sollte sie gewinnen, so muss er gehen.

Mit diesem Vorschlag gelingt es Jenny den Fremden aus seiner Lethargie zu reißen. Durch das Battle kommen sich beide näher. Dieser zauberhafte Moment endet jedoch viel zu schnell.

Als Jenny gewinnt und der Junge, der sich im weiteren Verlauf als Jaewoo vorstellt, die Bar verlässt, ahnen beide nicht, dass sie sich schnell wiedersehen werden.

Der Zufall führt Jenny und Jaewoo erneut zusammen. Sie verbringen den wohl schönsten Tag ihres Lebens miteinander. Ein koreanisches Festival und ein lustiges Fotoshooting in einer Fotobox sind nicht ihre einzigen Programmpunkte. Aber dann trennen sich ihre Wege erneut.

Der Junge verschwindet in einem schwarzen Van und reagiert nicht mehr auf ihre Textnachrichten; was ihn natürlich interessant macht.

Doch wieder schlägt das Schicksal zu. Denn Jennys Mutter möchte ihre Großmutter in Seoul besuchen und bei einer anstehenden OP beistehen. In Seoul ist Jaewoo, wie er einst berichtete, beheimatet. Jenny möchte nicht so lange Zeit von ihrer Mutter getrennt sein. Sie würde unglaublich gerne Jaewoo wiedersehen und träumt davon, ihre Großmutter kennenzulernen. Sie bittet ihre Mutter daher sie auf der Reise begleiten zu dürfen.

Jennys Mutter ist sehr streng, doch gibt sie unter der Bedingung nach, dass ihre Tochter weiterhin hart für ihre Zukunft als Konzertcellistin arbeitet.

Jenny ist außer sich vor Freude. Sie erwartet viel von ihrem Aufenthalt in Seoul. Das Schicksal zaubert mehr als einen Deus ex machina aus dem Hut. Nicht nur, dass sie ihre liebenswerte Großmutter kennenlernen darf. Bereits am ersten Tag lernt sie in der Umkleide zwei der Mitglieder einer in Seoul berühmten K-Pop-Gruppe namens XOXO kennen. Der Höhepunkt des Aufenthalts ist einzigartig, gerade auch weil die Erkenntnis so überraschend und unerwartet kommt: Der Junge aus der Karaokebar ist kein geringerer als der Main Vocalist von XOXO.

 

Meinung:

„XOXO – Der Rhythmus unseres Lebens“ verspricht einiges. Südkorea boomt! Technische und kulturelle Exporte hatten mich bereits erreicht. K-Pop ist angesagt. Und das Buch wird seinem Versprechen, horizonterweiternd zu sein, in vollem Umfang gerecht.

Zwar gibt es in ihrer Geschichte immer wieder allerhand Zufälle, die Jenny, eine liebenswerte und zugleich sehr zielstrebige Protagonistin, und Jaewoo, einen berühmten K-Pop-Star, der unter seinen Kollegen als der Vernünftige und Gewissenhafteste der Band gilt, immer wieder zusammenführen. Dennoch konnte ich über diesen – für mich einzigen Kritikpunkt – gut hinweg schauen.

„XOXO – Der Rhythmus unseres Lebens“ lässt sich wohl am besten unter den Begriff „Slow-Burn-Romance“ einordnen. Die Geschichte fügt sich nur langsam zusammen.

Jaewoo hat stark darum gekämpft und musste viele Opfer bringen, um zu dem Ruhm zu gelangen, den die Band aktuell erfährt. Der Höhepunkt der Karriere ist zum Greifen nahe. Ein Foto, eine falsche Story, ein falsches Wort, das an die Presse gerät, kann dafür sorgen, dass sein Lebenstraum von einem Moment auf den anderen platzt.

Auch Jenny kämpft darum ihren Traum, eine berühmte Konzertcellistin zu werden, verwirklichen zu können. Für eine Romanze und viel Freizeit bleibt hier wenig Zeit.

Neben diesen Konflikten wird in mosaikhafter Form von Jennys Leben erzählt. So erfährt der Leser vom alltäglichen Leben in Korea und von Freud und Leid ihrer Familie. Der Kampf um den sozialen Aufstieg erscheint als durchgängiges Thema immer wieder. Die Mischung aus biografischen Elementen, Späßen und ernsthaften Themen ist gelungen.

Jenny hat es an der Seoul Arts Academy nicht immer einfach, denn ihre neue Mitbewohnerin zeigt ihr die kalte Schulter. Doch Jennys sympathische, aufgeschlossene Art führt auch schnell zu neuen Freunden. Immer wieder trifft Jenny auf neue Menschen und bald schon hat sie einen Freundeskreis aufgebaut, der von Tag zu Tag immer mehr wächst.

Das Buch ist voll von wundervollen Szenen, die Jenny selbst schafft, emotionale Momente, frei von Kitsch.

 

Fazit:

Axie Oh spiegelt mit „XOXO-Der Rhythmus unseres Lebens" das ungefilterte Leben und schreibt dabei eine berührende Coming-of-Age-Geschichte.

Ein aufstrebender K-Pop-Star und eine ambitionierte Konzert-Cellistin suchen Impulse, mit denen sich der Konflikt Liebe vs. Beruf auflösen lässt. Protagonisten, die zuvor Gefahr liefen, die eigene Persönlichkeit nahezu aufzugeben und einer absoluten Fremdbestimmung zu opfern.

Das Buch bietet eine Exkursion in eine fremde Kultur, bringt dabei Geschichten mit, die so bunt, so herzergreifend sind, dass man das Buch nicht vor der letzten Seite zuschlagen möchte.

Ein Deus ex machina hier, einer dort, findet sich allerdings in einem ansonsten durchdachten Plot.