Rezension

GLÃœCK FÃœR ALLE!!!

Monsieur Jean und sein Gespür für Glück - Thomas Montasser

Monsieur Jean und sein Gespür für Glück
von Thomas Montasser

Bewertet mit 1.5 Sternen

Lange Jahre hat Monsieur Jean als Concierge im berühmten Grandhotel Tour au Lac in Zürich gearbeitet. Als er plötzlich in den Ruhestand verabschiedet wird, fragt er sich, was er mit dem Rest seines Lebens noch anfangen soll. Doch dann nimmt er sein kleines Notizbuch in die Hand, in das er die Wünsche und Geheimnisse der Hotelgäste und Angestellten stets sorgfältig und diskret notierte - und plötzlich hat er einen großartigen Plan. Zu viele Dinge, die noch nicht an ein gutes Ende geführt wurden, warten auf jemand, der dies ändern könnte. Unauffällig, wie es seine Art ist, beginnt Monsieur Jean die Fäden zu ziehen: Mit dem ihm eigenen Gespür für Menschen greift er in das Schicksal jener ein, denen das besondere Talent für Glück bisher fehlte. Die größte Herausforderung für Monsieur Jean wird jedoch Anastasia Feodora Baljanina, eine junge Ukrainerin mit großen Plänen und kleinem Budget. Ihr Versuch, mitten in Zürich ein charmantes kleines Café zu eröffnen, scheint zum raschen Scheitern verurteilt. Doch Monsieur Jean, ihr erster Gast, überlässt es auch bei ihr nicht dem Zufall, sondern versteht es, dem Lauf der Dinge eine andere Wendung zu geben und dabei dem kleinen Café de Balzac und Anastasias Glück auf die Sprünge zu helfen. Er hat da nämlich ein paar ganz besondere Ideen. (von der Thiele-Verlagsseite kopiert)

Seit einiger Zeit tummeln sich auf dem Buchmarkt Protagonisten, für die man ein neues Wort erfinden könnte: Liebmenschen. Es sind Figuren ohne Fehl und Tadel, ohne Ecken und Kanten. Langweiler also. Ob es sich um Hector (Francis Lelord), Monsieur Blake (Gilles Legardinier) oder den hier auftretenden Monsieur Jean handelt: Ihnen ist gemeinsam, dass sie ausschließlich zum Wohle der anderen leben, nur Gutes im Sinn haben und verbessernd in das Leben anderer eingreifen. Vom geschäftlichen Erfolg bis zur Eheanbahnung, von der Arbeitsstelle bis zur Verhinderung einer kriminellen Karriere.

Beworben werden diese Bücher meist mit den Begriffen „bezaubernd“ und „berührend“.

Der Autor führt eine Anzahl Personen ein, die, weil nur schablonenhaft charakterisiert, schwer zu unterscheiden sind. Gleich ist allen die Gefahr des Scheiterns, ihrer Ehe, ihrer Zukunft, ihres Lebensentwurfs oder Berufes. Gleich ist ihnen außerdem, dass sie alle in Monsieur Jeans Notizbuch verzeichnet sind, m.a.W.: dass sie zu denen gehören, um die zu kümmern er sich vorgenommen hat.

Ein Handlungsstrang verspricht etwas Spannung: Monsieur Jean kam vor Jahrzehnten illegal in die Schweiz; in Italien geboren wurde er als Jugendlicher straffällig und floh über Frankreich in die Schweiz. Nun, nach so langer Zeit, scheint ihm die Ausländerbehörde auf der Spur. Doch dieser Ansatz ist nicht bis zur letzten Konsequenz ausgearbeitet und versandet irgendwie.

Stilistisch ist der Roman einfach gestrickt. Kurze Sätze, klare Aussagen, überschaubare Szenarien beweisen den routinierten, aber nicht besonders kreativen Umgang des Autors mit der Sprache.

Fehlen dürfen auch die bei Liebmenschen so geschätzten Lebensweisheiten und Plattitüden nicht, mit denen sie Widrigkeiten begegnen oder Mitmenschen und sich selbst trösten.

 Freunden der oben genannten Bücher kann ich diesen Roman empfehlen; sie werden finden, was sie suchen. Wer allerdings im Hinblick auf Sprache, Handlung und Personengefüge wählerisch ist, wird enttäuscht. 

Kommentare

Brocéliande kommentierte am 30. Juli 2017 um 01:43

Deinem letzten Passus der Rezension möchte ich widersprechen - ich zähle mich durchaus zu den Lesern, denen Sprache und auch Inhalt sehr wichtig sind - und ich wurde hier alles andere als enttäuscht. Eher das Gegenteil.

Es geht eigentlich auch nicht um Gutmenschen. Schade, dass der Roman so sehr an Dir vorbeiging; aber Geschmäcker sind eben mitunter sehr verschieden.