GLÃœCK FÃœR ALLE!!!
Bewertet mit 1.5 Sternen
Seit einiger Zeit tummeln sich auf dem Buchmarkt Protagonisten, für die man ein neues Wort erfinden könnte: Liebmenschen. Es sind Figuren ohne Fehl und Tadel, ohne Ecken und Kanten. Langweiler also. Ob es sich um Hector (Francis Lelord), Monsieur Blake (Gilles Legardinier) oder den hier auftretenden Monsieur Jean handelt: Ihnen ist gemeinsam, dass sie ausschließlich zum Wohle der anderen leben, nur Gutes im Sinn haben und verbessernd in das Leben anderer eingreifen. Vom geschäftlichen Erfolg bis zur Eheanbahnung, von der Arbeitsstelle bis zur Verhinderung einer kriminellen Karriere.
Beworben werden diese Bücher meist mit den Begriffen „bezaubernd“ und „berührend“.
Der Autor führt eine Anzahl Personen ein, die, weil nur schablonenhaft charakterisiert, schwer zu unterscheiden sind. Gleich ist allen die Gefahr des Scheiterns, ihrer Ehe, ihrer Zukunft, ihres Lebensentwurfs oder Berufes. Gleich ist ihnen außerdem, dass sie alle in Monsieur Jeans Notizbuch verzeichnet sind, m.a.W.: dass sie zu denen gehören, um die zu kümmern er sich vorgenommen hat.
Ein Handlungsstrang verspricht etwas Spannung: Monsieur Jean kam vor Jahrzehnten illegal in die Schweiz; in Italien geboren wurde er als Jugendlicher straffällig und floh über Frankreich in die Schweiz. Nun, nach so langer Zeit, scheint ihm die Ausländerbehörde auf der Spur. Doch dieser Ansatz ist nicht bis zur letzten Konsequenz ausgearbeitet und versandet irgendwie.
Stilistisch ist der Roman einfach gestrickt. Kurze Sätze, klare Aussagen, überschaubare Szenarien beweisen den routinierten, aber nicht besonders kreativen Umgang des Autors mit der Sprache.
Fehlen dürfen auch die bei Liebmenschen so geschätzten Lebensweisheiten und Plattitüden nicht, mit denen sie Widrigkeiten begegnen oder Mitmenschen und sich selbst trösten.
 Freunden der oben genannten Bücher kann ich diesen Roman empfehlen; sie werden finden, was sie suchen. Wer allerdings im Hinblick auf Sprache, Handlung und Personengefüge wählerisch ist, wird enttäuscht.Â
Kommentare
Brocéliande kommentierte am 30. Juli 2017 um 01:43
Deinem letzten Passus der Rezension möchte ich widersprechen - ich zähle mich durchaus zu den Lesern, denen Sprache und auch Inhalt sehr wichtig sind - und ich wurde hier alles andere als enttäuscht. Eher das Gegenteil.
Es geht eigentlich auch nicht um Gutmenschen. Schade, dass der Roman so sehr an Dir vorbeiging; aber Geschmäcker sind eben mitunter sehr verschieden.