Rezension

Grandios

Abels Auferstehung -

Abels Auferstehung
von Thomas Ziebula

Bewertet mit 5 Sternen

Marlene Wagner, eine resolute Journalistin, fährt nach Basel, um sich die Leiche eines ertrunkenen Soldaten anzusehen, der ihr verschollener Bruder sein könnte. Dies ist nicht der Fall. Doch der Soldat trägt ein teures Zigarettenetui bei sich, das aus Leipzig stammt. Zurück in Leipzig begibt sie sich auf die Suche nach dem Besitzer des Etuis, in der Hoffnung, die Identität des Ertrunkenen zu ermitteln. Ungefähr zeitgleich werden Ermittler Paul Stainer und seine Mitarbeiter zur Leiche eines ermordeten Künstlers in ein Hotel gerufen. Auch er ist vor kurzem in Basel gewesen. Denn hier kommen die ehemaligen Kriegsgefangenen an, die aus Frankreich entlassen werden.

„Abels Auferstehung“ ist der zweite Fall um den Kriminalermittler Paul Stainer, der zwischen den beiden Weltkriegen in Leipzig ermittelt. Für mich ist es das erste Buch des Autors Thomas Ziebula und ich bin restlos begeistert.

Der Roman weist eine erzählerische Dichte auf, wie sie nicht oft zu finden ist. Die Geschichte wird mit Hilfe mehrerer Erzählstränge erzählt, die sich immer wieder berühren, auseinanderlaufen, um dann erneut aufeinander zu treffen. Als Leser tauchen wir tief ins Leipzig des Jahres 1920 ein. Wir erleben eine Stadt, die politisch zerrissen ist. Da sind die Deutschnationalen, die dem Kaiserreich nachtrauern, den Verlust des Krieges nicht verwinden können und sich autoritär und mittels Gewalt durch Leben bewegen. Ihre Feinde sind die Sozialisten, die sie als Zerstörer des Reiches sehen und entsprechend verfolgen. Die Sozialisten stehen für Fortschritt. Sie treten für die Rechte der Arbeiter, der Armen und der Frauen ein. Sie führen jedoch einen schweren Kampf, haben jedoch auch Sympathisanten in fast allen Gesellschaftskreisen.

Die Frauen in diesem Buch werden als starke, mutige und fortschrittliche Figuren dargestellt, die sich durch ihr Auftreten jedoch nicht nur Freunde machen. Da ist die Journalistin Marlene Wagner, die für die Leipziger Volkszeitung schreibt. Diese Zeitung wird immer wieder verboten, da sie zu sozialistische Ansichten vertritt. Marlene ist unabhängig, hat wechselnde Männerbekanntschaften und nimmt kein Blatt vor den Mund. Wenn sie einer Spur nachgeht, lässt sie sich nicht stoppen.

Aus Band 1 „Der rote Judas“ kennen die Leser/innen bereits Rosa Sonntag. Sie spielt auch in „Abels Auferstehung“ wieder eine tragende Rolle. Auch sie ist eine weibliche Figur, die für sich und andere einsteht und den Herausforderungen des Lebens mutig ins Auge blickt.

Der Kriminalermittler Paul Stainer ist ein Mann, der zum einen noch die Erlebnisse im Krieg und die anschließende Kriegsgefangenschaft verarbeiten muss und zum anderen um seine ermordete Frau trauert. Zudem arbeitet er in einer Behörde, die ebenso politisch zerrissen ist, wie die restliche Bevölkerung. Nationalistisch gesinnte Kollegen und Vorgesetzte versuchen ihn mit aller Macht loszuwerden. Doch Stainer und seine Kollegen sind ganz mit der Aufklärung des Mordes an einem Künstler beschäftigt, die immer weitere Kreise zu ziehen scheint.

Das Buch hat mich schnell völlig in die damalige Zeit gesogen. Die gesellschaftlichen und politischen Umbrüche der Zeit nach dem ersten Weltkrieg werden eindrücklich geschildert. Immer wieder habe ich es als Leserin bedauert, dass ich weiß, wohin diese spannenden Entwicklungen geführt haben. Denn so, wie der Autor Thomas Ziebula die unterschiedlichen Strömungen und Kräfte schildert, klingt diese Zeit nach einer Chance, Deutschland zu einem gerechteren Ort zu machen, die das deutsche Volk vertan hat.

Mir ist zwar recht schnell klar gewesen, worauf die Geschichte hinausläuft. Das habe ich jedoch nicht als störend, sondern als sehr gelungen empfunden. Mein Lesevergnügen hat das nicht geschmälert.

Das Buch bietet dem Leser eine gelungene Zeitreise in Verbindung mit einem spannenden Kriminalfall.