Rezension

Großartig!

Tyll - Daniel Kehlmann

Tyll
von Daniel Kehlmann

Bewertet mit 4.5 Sternen

Die Bücher von Daniel Kehlmann werden immer mit großer Spannung erwartet, nach "Die Entdeckung der Welt" zählt er zu den deutschen Topautoren. Nachdem mich seine letzten Bücher nicht überzeugen konnten, hat er nun wieder ein großartiges Buch geschrieben.

In "Tyll" geht es um den Menschen, den wir als Till Eulenspiegel zu kennen meinen: der lustige Spaßmacher, dessen Figur schalkhaft lachend vor der Möllner Nikolaikirche sitzt, dessen Geschichte vielfach in Lesebüchern erzählt und sogar vertont wude. Doch das ist nicht die ganze Wahrheit!

Kehlmann legt in dichterischer Freiheit das Leben des Tyll vom 14. ins 17. Jahrhundert, in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Das Buch ist in einzelne Episoden aufgeteilt, die durch die Figur des Tyll zusammengehalten werden.

Die Menschen leiden unter den Grausamkeiten des Krieges, ein Leben ist nichts wert. Tylls Vater wird als Hexer verurteilt und aufgehängt, seine Mutter muss sich allein durchschlagen. Tyll zieht derweil mit fahrendem Volk durch die Lande und erlernt alle Tricks und Kniffe, um auf der Straße als Geächteter zu überleben. Schließlich kommt er als Hofnarr zu dem abgesetzten "Winterkönig" Friedrich von der Pfalz, dessen Griff nach der böhmischen Königswürde den Dreißigjährigen Krieg auslöste.

Das Buch ist nicht linear erzählt, sondern springt in einzelnen Episoden munter durch die Zeiten. Das macht das Lesen nicht ganz einfach, ebenso wie die Vielzahl von erfundenen und historischen Personen, die immer wieder auftauchen und nur durch den Bezug zu Tyll zusammengehalten werden.

Trotzdem beeindruckt das Buch durch seine sprachliche Kraft und seine große Fabulierkunst. Hier stimmen Hauptperson und Erzählstil in einem großen Maß überein, ohne künstlich zu wirken. Man kommt ganz nah an die handelnden Menschen heran, das ist machmal brutal und grausam, manchmal aber auch zu Herzen gehend.

Ein unbedingt lesenswertes Buch für anspruchsvolle Buchfreunde!