Rezension

Großartige Kabinettstückchen des Lebens

Und dann fängt die Vergangenheit an
von Yves Rechsteiner

Bewertet mit 5 Sternen

Dieses Buch, erschienen 2016, war für mich eine große Überraschung.

Der Name des Schweizer Autors war mir unbekannt, der Verlag ebenso. Insofern hatte ich meine Erwartungen nicht besonders hoch geschraubt. Aber bereits nach wenigen Seiten war mir klar: Diese Erzählungen sind gut, nein, sie sind großartig.

Das Buch in seiner griffigen Haptik und einem Cover, das für mich den vielfarbigen Zeitenfluss symbolisiert, machte es mir bereits mit seinem Äußeren leicht, es zu mögen.

Eine Sammlung relativ kurzer Erzählungen enthält das Buch, häppchenweise zu lesen, für eine Kaffeepause vielleicht. So dachte ich. Aber dann, als ich zu lesen begann, wurde der Kaffee kalt und die Pausenzeit weit überschritten.

Denn jede Geschichte für sich ist eine ganze Welt, ein ganzes Leben. Es wird so leicht erzählt, was so unendlich schwer ist. Verlassen und Verlassen-Werden. Anziehung und Abstoßung, Verlust und Gewinn. Oder Schweigen, so viel Schweigen, im Netz des Unsagbaren verfangen. Extremes bierseliges Dahindämmern, harte Verzweiflung, Versagen des Menschlichen. Und gleich darauf der fein-sensible Blick mitten in das Innere des Menschen. Und all die vielen Abschiede, auch diese leichtfüßig erzählt und schwer im Raum hängenbleibend. So viel Einsamkeit. So viel Traurigkeit. Von einem erzählt, der gaukelnd durch die Welt reist.

„Ich zerbeiße mich in der Zeit“ steht da, aber auch „Immer ein- und ausatmen. Der Rest wird schon werden.“ Das sagt alles, über den Autor und über das Buch.