Rezension

Guter Ansatz zu oberflächlich ausgearbeitet.

Blind Copy - Das bin nicht ich!
von Birgit Rabisch

Bewertet mit 3 Sternen

Die Hirnforscherin Sabine ist auf dem Weg zur Beerdigung ihres Mentors Onkel Karl. Dieser Mann war für sie mehr Vater und Bezugsperson als irgendjemand sonst. Entsprechend tief ist das Loch, welches sein Verlust in ihr geordnetes Leben reißt. Und der Brief, den Onkel Karl ihr Hinterlassen hat, macht die Situation auch nicht wirklich leichter - denn plötzlich ist nichts mehr, wie es einmal war. 

Die Autorin hat sich einen ungewöhnlichen, erfrischenden Erzählstil für ihre Geschichte gewählt - sie ist zwar in den dritten Person geschrieben, wird aber immer wieder von Sabines Gedanken (in Kursivdruck) unterbrochen. Dies ermöglicht einen tiefen Einblick in das Innenleben der Protagonistin. Schöne, ansprechende Idee, da mir die Protagonistin aber leider das gesamte Buch hinweg unsympathisch blieb leider nichts für mich. Sabine ist unmöglich überheblich und benimmt sich teilweise einfach unmöglich. Würde ich so eine Person im echten Leben kennen lernen würde ich mich vermutlich umdrehen und den Raum verlassen. Auch ist für mich widersprüchlich, dass Sabine ihre Vergangenheit nicht anders reflektiert - sie ist Wissenschaftlerin, dadurch rechtfertigt sie ihre phasenweise emotionale Kälte, aber eine Wissenschaftlerin sollte auch und vor allem Dinge hinterfragen - Sabine tut das allerdings eher selten.

Die Thematik des Buches fand ich sehr ansprechend - wer sind wir? Sind wir unsere Gene? Sind wir unser Umfeld? Sind wir ein bisschen was von beidem oder vielleicht auch nichts von alledem? Das Buch versucht Antworten darauf zu geben, bleibt aber teilweise zu sehr an der Oberfläche. Die wissenschaftliche Betrachtungsweise, die ich erwartet hatte, fehlt mir leider vollkommen.

Spannung ist zumindest bis zur Hälfte des Buches vorhanden - der Leser möchte wissen, was Karl in seinem letzten Brief zu offenbaren hat. Zwar hat man selbst Vermutungen, der Auflösung fiebert man dennoch begierig entgegen.

Die drei Sterne gibt es für einen ungewöhnlichen Schreibstil, eine interessante Thematik und den größtenteils gelungenen Versuch, zwischenmenschliche Beziehungen authentisch darzustellen. Mehr war leider nicht drin.