Rezension

Hoffnungslos

Der Schimmelreiter - Theodor Storm

Der Schimmelreiter
von Theodor Storm

Bewertet mit 3 Sternen

"Der Schimmelreiter" handelt von einem Reisenden, der sich von einem alten Schulmeister bei einer Reiseeinkehr die Geschichte von Hauke Haien, dem Schimmeleiter erzählen lässt. Hauke Haien war Mitte des 18. Jahrhunderts Deichgraf und durch sein mathematisches Verstädnis und sein Willen zum Fortschritt gelang es ihm einen Deich zu bauen, der viele Jahrzehnte den Naturgewalten Stand hielt. Doch der Weg dahin war nicht immer einfach, denn er sah sich mit dem Widerwillen des gesamten Dorfes konfrontiert und genau dieser Widerstand hat Hauke Haiens Schicksal entscheidend verändert.

"Der Schimmlreiter" ist eines der letzten Werke Theodor Storms, als dieser bereits über seine unheilbar Krankheit Bescheid wusste. Genau diese Situation merkt man auch der ganzen Atmosphäre dieser Novelle an, sie ist gedrückt und vor allem hoffnungslos. Technisch ist diese Novelle geschickt angelegt. Denn man hat drei Erzählungen in einer. Zur Zeit Storms erinnert sich der erste Erzähler an einen Reisebericht, der aus dem Beginn des 19. Jahrhunderts stammt und der Reisende bekam dann schließlich eine Geschichte aus dem 18. Jahrhundert erzählt. Eine Zeit also, als die Zeit der Aufklärung kurz bevor stand. Neben dieser technischen Raffinesse ist auch die ganze Lebensgeschichte Hauke Haiens interessant und spannend gehalten, da er viele Themen mit sich bringt.

So steht Hauke für eine gebildete Figur, die in der Lage ist ihr Wissen für den technischen Fortschritt einzusetzen. Ihm gegenüber steht das restliche Dorf, das von Aberglauben geprägt ist. Des Weiteren hat man mit Elke eine weibliche Protagonistin, die die Handlung entscheidend beeinflusst, da sie ihrem späteren Ehemann Hauke an Wissen und Raffiness ebenbürtig ist. Somit haben wir eine starke weibliche Figur. Dies sind wichtige Themen, die nicht nur für das 18. Jahrhundert entscheidend sind, sondern auch für das nachfolgende. Mit Hauke hat man zudem eine zwiespältig angelegte Persönlichkeit. Seiner Klugheit steht sein Grimm gegenüber, der mehr und mehr stärker wird, je mehr er sich durch seinen Fortschritt vom Rest des Dorfes isoliert.

Der Rest der Erzählung dagegen bietet einige Aspekte, die das Lesen erschweren. Das ist zunächst die bedrückende Stimmung in Verbindung mit der Kälte und Unbeherrschtheit der Natur, da ist das Schicksal, das es nie gut zu den Haiens meint, da sind die langanhaltenden Überlegungen zum Deich, die für einen Laien schwer nachvollziehbar sind und einige Aspekte, die letztlich für die Geschichte keine Bedeutung zu haben scheinen und trotzdem eine größere Erzählzeit einnehmen. All dies führt dazu, dass sich das Lesen von "Der Schimmelreiter" als zäh erweist. Dies ist schade, da Hauke Haien wirklich eine interessante Persönlichkeit ist und auch seine Beziehung zu Elke, die Akzeptanz ihrer Gleichberechtigung hat viel zu bieten. Dennoch ist es letztlich schwer nachzuvollziehen, warum ausgerechnet diese Novelle zur bekanntesten Theodor Storms wurde.