Rezension

Idee: Top, Umsetzung: naja, geht so

66 Bücher, von denen alle sagen, dass du sie gelesen haben musst - Alexandra Fischer-Hunold

66 Bücher, von denen alle sagen, dass du sie gelesen haben musst
von Alexandra Fischer-Hunold

Es gibt Bücher, die muss man einfach gelesen haben. Sagen sie. Sie, die Lehrer in der Schule. Sie, die Dozenten an der Uni, vielleicht sogar sie, die Kommilitonen. Sie, die Buchhändler. Und wer nicht alles noch. Und wir alle sind uns einig, dass Lesen Spaß macht, dass es großartig ist, sonst wären wir nicht hier und würden über Bücher sprechen. Aber manche Bücher manchen eben keinen Spaß, und das sind vor allem die Klassiker, von denen alle sagen, dass man sie gelesen haben sollte. Aber selbst, wenn man sich dazu aufrafft, einen Klassiker zur Hand zu nehmen, wie soll man sie denn bitte alle lesen, bei dem, was jedes Jahr an Neuerscheinungen auf de Markt kommt?

Das dachte sich sicher auch Alexandra Fischer-Hunold, Autorin von 66 Bücher, von denen alle sagen, dass du sie gelesen haben musst. Die 66 Romane sind nach Genre beziehungsweise Thematik unterteilt, sodass man sich schnell zurechtfindet und nicht lange stöbern muss, bis man den Titel gefunden hat, den man sucht. Diese Thematiken sind:

  1.     Achtung, Hochspannung!
  2.     Auf die Freundschaft!
  3.     Unsere Gesellschaft
  4.     Auf ins Abenteuer!
  5.     Familienbande
  6.     Was Menschen Menschen antun
  7.     Große Liebe
  8.     Erwachsenwerden
  9.     Party! Party!

Man sieht also schon, dieses Buch ist eindeutig für junge Leser gedacht, die sich langsam an die Klassiker herantasten wollen und mit Genrezurodnungen wie Bildungsroman, Kriminalroman, Drama, Familiensaga, Gesellschaftsroman etc. noch nicht allzu viel anfangen können. Hinter Party! Party! verbirgt sich nämlich beispielsweise Fitzgerals Der große Gatsby, hinter Auf ins Abenteuer! Shelley Frankenstein oder der moderne Prometheus (wobei ich Gothic Fiction nicht unbedingt dem Abenteuergenre zuschreiben würde, aber gut), hinter Auf die Freundschaft! Tolkins Herr der Ringe (hier wäre Abenteuer irgendwie passender gewesen) und hinter Achtung, Hochspannung! Stephen Kings Brennen muss Salem. Bei der Einteilung stimme ich - nachdem ich deutsche und englische Literatur studiert habe - nur bedingt mit den Genrezuordnungen überein.

Die einzelnen Titel selbst werden dann systematisch in kleineren Unterkapiteln erläutert. Warum  man dieses Buch lesen muss, Worum geht's?, Achtung, Spoileralarm!, Wer hat's geschrieben, Klugscheißerwissen, Übrigens... und Angefixt? Hier gibt's mehr von dem Stoff. Dazu kommen eine Handvoll passende Hashtags für die Generation Twitter. Alles in allem eine praktische Aufteilung, um kurz zu erfahren, worum es geht, in welches Genre das Buch einzuordnen ist und ein paar bibliographsiche Angaben über den Autor zu bekommen.
Die Sprache des Buches ist - um es mal vorsichtig auszudrücken - salopp und eindeutig an ein junges Publikum angepasst. Ich sage bewusst Publikum statt Leserschaft, weil es sich so liest, als sei es für Leute geschrieben, die generell nicht viel lesen. Ein Abschnitt aus Worum geht's für Der Herr der Ringe liest sich beispielsweise so:

"Sauron (gewissermaßen der Chef der dunklen Seite der Macht) hat einen Ring geschmiedet, mit dessen Hilfe er Mittelerde [...] erobern will. Denn dieser Ring ist der Master-Ring, wer ihn am Finger trägt, hat die Macht. Nun ist Sauron dieser Ring vor langer Zeit abhandengekommen, und - logisch! - er will ihn zurückhaben."
(Seite 77)

Ich bin absolut für eine frische und moderne Sprache, um Kindern und Jugendlichen Literatur näher zu bringen, aber diese saloppe Umgangssprache... Ich weiß nicht, ob das der richtige Weg ist. Ich hätte sie mit 15 oder 16 blöd gefunden, aufgesetzt cool und irgendwie peinlich bemüht, jugendlich zu wirken. Und in der Uni hätte ich es schon gar nicht benutzt. Eine Erwachsene, die versucht, so zu schreiben, wie Teenager reden.  Ich weiß nicht, wie Jugendliche das heutzutage sehen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Schüler oder Studenten, die sich für Literatur interessieren, das gut finden. Und ob Leute, die sich nicht dafür interessieren, das Buch überhaupt in die Hand nehmen, ist fraglich.

66 Bücher, von denen alle sagen, dass du sie gelesen haben musst ist eine großartige Idee und zu Zeiten meines Abiturs oder auch meines Literaturstudiums hätte ich mir so einen praktischen Ratgeber gewünscht. Auch die Buchauswahl finde ich in Ordnung. Klassier wie Effie Briest neben moderner Literatur wie Unterleuten. Was mich dagegen stört und abschreckt ist der betont und gewollt jugendliche Schreibstil. Ich würde es mir nicht kaufen und auch nicht verschenken. Wenn ich wissen will, worum es in einem Klassiker geht, gehe ich doch lieber weiterhin auf Sparknotes, das ist zumindest ansprechender geschrieben.

(c) Books and Biscuit

Kommentare

evafl kommentierte am 27. Juni 2017 um 10:11

Reingucken würde ich da durchaus mal, ich finde sowas ja immer mal ganz spannend. ;)