Rezension

In den Katakomben von London

Das Haus in der Nebelgasse - Susanne Goga

Das Haus in der Nebelgasse
von Susanne Goga

Bewertet mit 5 Sternen

~~1900 London. Die junge Lehrerin Matilda Gray unterrichtet an einer renommierten Mädchenschule und ist bei ihren Schülerinnen sehr beliebt, weil sie für die Zeit schon recht fortschrittlich denkt und ihre Eleven dazu ermuntert, mehr vom Leben zu erwarten, als nur Ehefrau und Mutter zu sein. Als nach den Sommerferien ihre Lieblingsschülerin Laura nicht mehr zum Unterreicht erscheint, sondern mit ihrem Vormund Mr. Easterbrook angeblich auf einer längeren Auslandsreise weilt und von der Schule abgemeldet wurde, wird Matilda stutzig. Eine Postkarte mit rätselhaftem Text von Laura bringt Matilda endgültig zu dem Entschluss, sich auf die Suche nach dem Mädchen zu machen. Dabei holt sie sich die Unterstützung des Historik-Professors Stephen Fleming, der ihr bei der Entschlüsselung des Textes helfen soll. Die daraus resultierende Nachricht jagt Matilda durch das alte London und sogar unter die Stadt, wobei ihr Fleming eine große Hilfe und Stütze ist. Die beiden erleben so manches Abenteuer und treffen auf kuriose Gestalten, bevor sie das Geheimnis lüften können. Werden sie Laura helfen können?
Susanne Goga hat mit ihrem Buch „Das Haus in der Nebelgasse“ einen sehr fesselnden und spannenden historischen Roman vorgelegt, der den Leser von der ersten Seite an fasziniert und nicht mehr loslässt, bis das Geheimnis gelüftet ist. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig, der Leser taucht schon im spannenden Prolog ein in eine vergangene Zeit und erlebt als unsichtbarer Zeuge ein aufregendes Abenteuer an der Seite von Matilda, aus deren Sicht die Handlung erzählt wird. Der Spannungsbogen wird gleich zu Beginn schon recht schön gelegt und steigert sich im Verlauf der Handlung immer mehr bis hin zum Finale. Der historische Hintergrund wurde von der Autorin sehr gut recherchiert und sehr schön mit der Geschichte verflochten. Die Wegebeschreibungen durch das alte teils nebelumwaberte London sind so lebhaft und zeichnen ein schönes Bild dieser Metropole, der Leser begibt sich durch die alten Straßen und die Katakomben unterhalb der Stadt, was auch etwas Unheimliches hat und die Spannung noch mehr anfacht.
Die Charaktere wurden sehr liebevoll ausgearbeitet und in Szene gesetzt. Sie wirken lebendig und authentisch für die damalige Zeit. Matilda Gray ist eine junge sympathische Frau, die sich als Lehrerin ihren Unterhalt verdient, da ihre Eltern nicht mehr leben und ihr Bruder als Soldat im Krieg dient. So ist sie auf sich allein gestellt. Matilda ist eine recht unabhängige kluge Frau mit einer gesunden Selbstwahrnehmung und einer modernen Lebenseinstellung, für die damaligen Verhältnisse sogar sehr fortschrittlich. Allerdings ist sie auch recht stur und hartnäckig, sie kann einer Herausforderung nur schwer widerstehen, was ebenso ein Zeichen für Mut bedeutet. Stephen Fleming ist Universitätsprofessor für Historik und ebenfalls ein sehr angenehmer Zeitgenosse. Er ist sanftmütig und ebenso modern eingestellt wie Matilda, denn er begrüßt es das Frauen studieren und eine gute Ausbildung anstreben. Aber Stephen Fleming hütet auch ein Geheimnis, dass ihm das Leben schwer macht. Mrs. Westlake ist Matildas Vermieterin und eine sehr liebe ältere Dame, die mit ihren klugen Ansichten Matilda ermutigt und unterstützt, ihr eine mütterliche Ratgeberin und Freundin ist. Auch die anderen Protagonisten sind ein Quell an Überraschungen und stützen diese rasante Geschichte mit ihren eigenen kleinen Episoden und Dialogen.
„Das Haus in der Nebelgasse“ ist ein sehr spannender historischer Roman um ein Familiengeheimnis, manchmal schon fast ein Krimi, wobei das Knistern einer sich anbahnenden Liebesgeschichte ebenfalls nicht fehlt. Alle, die wunderbar geschriebene Geschichten lieben, werden diesen Roman nicht mehr aus der Hand legen. Absolute Leseempfehlung für dieses tolle Buch! Chapeau!