Rezension

Intensiv mit Mängeln

With(out) You -

With(out) You
von Maike Voss

Bewertet mit 3.5 Sternen

Auch wenn ich den außergewöhnlichen Buchtitel „So sieht es also aus, wenn ein Glühwürmchen stirbt“ natürlich mitbekommen habe, ist „With(out) You“ nun meine erste Begegnung mit der Autorin Maike Voß. Zum Zugreifen beim Buch hat sicherlich beigetragen, dass das Cover wirklich außergewöhnlich schön geworden ist und bei bold von dtv unterkommen durfte. Dort habe ich bereits einige Bücher gelesen und ich bin tatsächlich oft zu dem Fazit gekommen, dass es außergewöhnliche Bücher sind, die sich kaum problemlos in eine Sparte einsortieren lassen. Daher ist es kaum verwunderlich, dass auch „With(out) You“ wahrlich keine alltägliche Lektüre ist.

Von der Covergestaltung und des Klappentexts her könnte man durchaus noch auf eine klassische NA-Lektüre spekulieren, wie man sie bei Lyx nahezu ausschließlich anfindet. Doch bold hat eigentlich schon alles verraten. Natürlich wäre es gelogen, würde ich behaupten, dass das Buch gänzlich anders wäre, denn natürlich geht es um die Liebe zweier junger Menschen, die die Universität besuchen und sich noch in ihrer Identität als junge Erwachsene zurechtfinden müssen. Dennoch ist dieses Buch von einer emotionalen Schwere begleitet, die man so extrem nur selten erlebt. Dazu verfügt Voß über eine sehr poetische Sprache, gerade wenn es um die Liebe und die philosophischen Passagen geht, was dem Buch schon fast etwas Kostbares verleiht. Es war also definitiv eine sehr schwermütige Reise, aber eine, die die Leser:innen tief drin berührt.

Dennoch hat das Buch meiner Meinung nach Schwächen aufzuweisen, die dieses zwischendurch schwebende Gefühl, herbeigeführt durch die Sprache, ausbremsen. Das ist zum einen die Tatsache, dass ein wichtiger Teil der Liebesgeschichte zwischen Luna und Eli schon stattgefunden hat. Wenn dem so ist, dann habe ich es gerne, wenn wir Leser:innen anhand von Flashbacks dennoch daran teilhaben können, da gerade das erste Kennenlernen immer etwas Magisches an sich hat. Und das fehlt hier. Da die ersten Interaktionen zwischen Luna und Eli in der Echtzeit dann so von Distanz und fast Feindseligkeit geprägt sind, ist es schwer sich vorzustellen, was dort mal gewesen sein soll. Ein zweiter Kritikpunkt ist dieser langgezogene Teil, als Luna nach Hamburg zurückkehrt und die Versöhnung mit Eli immer wieder in weite Ferne geschoben wird. Zwar gibt ihr das Zeit, sich selbst eigenständig wieder in ihrem alten und gleichzeitig neuen Leben einzurichten, aber es war auch so frustrierend, wie jedes angefangene Gespräch zwischen den beiden doch nicht zum Ziel führte. Ich wäre am liebsten in die Seiten gesprungen und hätte beide geschüttelt. Aber dieses Gefühl ist für mich nicht Mitfiebern, sondern wirklich eher Frust und das bleibt mir nie positiv im Gedächtnis.

Was dafür aber wieder sehr intensiv ist, ist die Darstellung von toxischen Beziehungen mitsamt Stalking. Ich habe mich vor Julien wirklich in jedem Augenblick gefürchtet und ich fand die Entwicklung des Ganzen sehr erschütternd, aber völlig in sich logisch und authentisch. Oft gibt es ja Unverständnis für Opfer dieser Beziehungen, die keinen Weg raus finden, aber ich denke, dass Lunas Geschichte sehr deutlich vor Augen geführt hat, wie sehr man in einem Gefängnis ist und dass es keinen einfachen Weg hinaus gibt. Am Ende wurde es noch richtig spannend, selbst wenn ein großes Fragezeichen übrig geblieben ist, aber ist eh nur Nebensache. Dazu kommen die Nachwirkungen und die Zukunftsperspektive. Auch hier kaum bis wenig Optimismus, aber das passt zu der realistischen Darstellung, die wieder und wieder gelingt. Ob es hier eine konkrete Vorlage der Autorin gibt, ich weiß es nicht, es würde mich aber definitiv nicht wundern.

Fazit: „With(out) You“ ist eine ungewöhnliche Liebesgeschichte geworden, die auch wichtige Themen wie toxische Beziehung und Stalking anspricht. Dabei wird aber wenig Lebensfreude verspürt, was eine insgesamt doch bedrückende Lektüre ergibt. Während inhaltlich zudem das ein oder andere fehlt, steht auf der Habenseite die unheimliche Authentizität der Erzählung. Hier kann jeder für sich selbst entscheiden, was letztlich zählen muss.