Rezension

Knappe Sprache und komplexe Emotionen

Krummes Holz
von Julja Linhof

Prägt die Kindheit für immer oder ist es möglich ihre Muster zu durchbrechen? Fünf Jahre hatte Jirka Abstand von seiner Familie, seinem zu Hause im Krummen Holz. Als er auf Bitten seiner Schwester auf den väterlichen Hof kommt, kehrt auch die bittere Vergangenheit Stück für Stück zurück. Und damit seine Chance auf eine Zukunft.

Julja Linhof hat ihrem Debütroman knappe 270 Seiten gegeben. Knapp ist auch die Sprache, kein Wort zu viel und doch gleichzeitig so viel Emotionen, dass es manchmal schwer auszuhalten ist. So ungefähr geht es Jirka, der nach Jahren zurück auf den väterlichen Hof kommt, nachdem ihn seine ältere Schwester Malene mehrfach darum gebeten hat. Dort trifft er auf Leander, Sohn des ehemaligen Verwalters und scheinbar ebenso fest mit dem Krummen Holz – wie der Name des Gehöfts lautet – verwachsen, wie Malene mit der ihn irgendetwas zu verbinden scheint. Eigentlich will Jirka nicht hier sein, trotzdem stört es ihn, wie vertraut Leander und seine Schwester sind und wie fremd er selbst sich hier fühlt, wo er zu Hause sein sollte. Die Abwesenheit des Vaters irritiert ihn anfangs, wird aber schnell von dem Gefühl der Erleichterung überlagert. 

Jirka kommt mit widersprüchlichen Gefühlen nach Hause, das ist bereits bei seiner Ankunft zu spüren. Linhof lässt ihn erzählen, abwechselnd aus der gegenwärtigen Perspektive und aus der vergangenen. Die emotionale Last, die er mit sich trägt, Unausgesprochenes, Verdrängtes, vieles nur teilweise durch die plötzlich auftauchenden Erinnerungen erklärlich, zieht sich durch das gesamte Buch. Die drückende Sommerhitze in der die Protagonisten nach dem erlösenden Landregen lechzen, steht metaphorisch für die aufgestauten Gefühle und Verletzungen. Generationsübergreifend. 

Doch wie kann eine Generation, die selbst mit emotionaler Kälte aufgewachsen ist, Verletzungen, Demütigungen erleiden musste, das Muster durchbrechen? Am Ende ermöglicht es Linhof ihren Protagonisten die Vergangenheit so aufzuarbeiten, dass eine Zukunft möglich erscheint, wenn auch mit sehr viel Schmerz verbunden: „Du kannst doch jemanden lieben, auch wenn er dir wehgetan hat.“ (S. 263)