Rezension

Kriminalroman, der eine gelungene literarische Zeitreise in die Weimarer Republik bietet

Zum Sterben zu viel -

Zum Sterben zu viel
von Lotte Kinskofer

Bewertet mit 5 Sternen

Wer zu diesem Roman greift, begibt sich auf eine gelungene Zeitreise rund 100 Jahre zurück nach München und Umgebung. Anschaulich beschreibt die Autorin das damalige 1922, eine Zeit, in welcher das gestern verdiente Geld heute bereits viel weniger Wert ist, wo die Menschen in den Städten finanziell ums Überleben kämpfen und lange für Lebensmittel anstehen. Als in einem Münchener Vorort ein Dichter erstochen aufgefunden wird, muss die Polizei schnell einen Täter liefern, um das Volk zu beruhigen. Obwohl keine Beweise gegen ihn vorliegen, wird ein Schreiner unschuldig für die Tat inhaftiert - was das für seine Frau und den Handwerksbetrieb bedeutet, interessiert die Polizei nicht. Selbst, als ein weiterer Mord nach demselben Muster geschieht, bleibt die Polizei stur, wenn auch Oberkommissar Benedikt Wurzer seine Zweifel an der Inhaftierung des Schreiners hegt. Ebenso versucht Agnes, die Frau des Handwerkers, um die Freiheit ihres Mannes sowie um ihre Zukunft zu kämpfen.

Sehr schön zeichnet die Autorin die damaligen Gegebenheiten auf, die Probleme und Missstände, mit welchen das Volk zu kämpfen hatte. Mit Agnes wird insbesondere die Rolle der Frau etwas eingehender beleuchtet, was mir sehr gefiel, da viele Romane sich primär auf die Männer dieser Zeit konzentrieren. Vor allem die Angst vor übergriffigen Männern, welche nach damaligem Rechtssystem anschließend weiterhin gut dagestanden hätten, wird hier einfühlsam thematisiert. Kritisch wird ebenfalls die Einstellung einiger Ermittler beleuchtet, für die systembedingt einzig die Quote zählt - ob der richtige Täter inhaftiert wurde, ist so manchen Polizisten egal. Der Kriminalfall selbst fügt sich gekonnt in das gezeichnete Gesellschaftsbild der damaligen Zeit ein, die Anzahl der beteiligten Personen bleibt angenehm überschaubar. Der Schreibstil ist abwechslungsreich und die Charaktere werden emotional sehr gut dargestellt.

Ein überzeugender und unterhaltsamer Kriminalroman, der sehr gut Einblicke ins damalige Leben sowie die Probleme der Bevölkerung, insbesondere der Frauen, bietet.