Rezension

Zieht hinein in ein sehr anschauliches Setting und eine berührende Geschichte

Zum Sterben zu viel -

Zum Sterben zu viel
von Lotte Kinskofer

Bewertet mit 5 Sternen

Ehe ich es mich versehen habe, war ich in die Geschichte eingetaucht und konnte den Reader nicht mehr aus der Hand legen. Die Zeit der Weimarer Republik mit ihrer politischen Unsicherheit, der drastischen Inflation, dem Hunger, den sozialen Missständen, der Flucht in die Städte und all die damit zusammenhängenden Probleme werden einem als Leser plastisch vor Augen geführt und sind so organisch und eng in die Geschichte, die Lebenssituationen der Charaktere und deren Motivationen und Ängste verwoben, dass ein dichtes Bild entsteht. Insbesondere die Nöte der Schreinerfamilie werden so greifbar, dass ich immer noch ein Kapitel weiterlesen musste, um zu wissen, wo das alles hinführt.

Aber auch in die Polizeiarbeit, die damaligen Ermittlungsmethoden und die Prioritäten dabei führt die Autorin anschaulich ein. Und in all dem menschelt es sehr. Sehr schön auch die Dialekte, durch die die einzelnen Gesellschaftsschichten sich auszeichnen und die Bemühungen, die von den Figuren unternommen werden, durch eine Anpassung des Dialektes eine Brücke nach oben oder nach unten zu schaffen. Doch nicht nur darüber schafft es die Autorin, mir die liebevoll gezeichneten Charaktere aus den einzelnen Gesellschaftsschichten nahe zu bringen. Jede einzelne Figur ist mit ihren Bedürfnissen, Ängsten, Nöten und Gewissenskonflikten nachvollziehbar und ich konnte mit ihr fühlen.

Beim Kriminalfall bzw. dem Mord, den es aufzuklären gilt, haben mich tatsächlich die Folgen, die sich daraus für die Schneiderfamilie ergeben, noch viel vordringlicher interessiert als die Frage, wer jetzt eigentlich der Täter ist. Und so habe ich mitgerätselt und den einen oder anderen falschen Verdacht gehabt. Die Auflösung war schließlich eine runde Sache Gerne mehr von Oberkommissär Wurzer und seiner Umgebung!

Eine wirklich lesenswerte Geschichte!