Rezension

Lebendiges Porträt einer starken Frau

Dora Maar und die zwei Gesichter der Liebe -

Dora Maar und die zwei Gesichter der Liebe
von Bettina Storks

Bewertet mit 4 Sternen

Als Henriette Theodora Markovitch wurde sie in Frankreich geboren, aufgewachsen im argentinischen Buenos Aires mit einer notorisch unzufriedenen Mutter, die sehr viel Wert auf Etikette legte und ihrem Tata. Sie beide, ihr Vater und sie, verstanden sich, waren auf einer Wellenlänge. Theodora wusste schon bald, was sie wollte. Tango tanzen, das wollte sie in Argentinien, ihren ersten Fotoapparat schenkte ihr ihr geliebter Tata.

19jährig kam sie zurück nach Frankreich, studierte hier Fotografie und Malerei, änderte bald ihren Namen in Dora Maar. Sie traf Man Ray und sie beide experimentierten mit der surrealistischen Fotografie, entdeckten die Technik der solarisierten Porträts. In dieser Zeit schuf Dora mit ihrem 1936 entstandenen „Pere Ubu“  ein vielbeachtetes Werk der manipulierten Fotografie.

Zunächst legte sie keinen Wert darauf, Picasso vorgestellt zu werden, was dann aber doch geschah. Er, der um seine Genialität immer wusste, war der geborene Verführer und für sie war es der genau richtige Zeitpunkt, ihn in ihr Leben zu lassen. Fotografieren war für Picasso nichts von großem Wert, er hielt sie zum Malen an. „Du solltest malen, Adora. In jedem Fotografen steckt ein Maler“. Die Entstehung von „Guernica“, eines der bekanntesten Gemälde Picassos, begleitete Dora fotografisch. Auch wird gemunkelt, dass sie hier kleinere Malarbeiten verrichtete.

Es gab immer andere Frauen nebenher, das war Dora bewusst, sie akzeptierte dies wohl oder übel. Acht Jahre waren sie ein Paar, es war nicht immer einfach, Picasso war ein Egomane, sah nur sich und sonnte sich im Kreise seiner Entourage. Die Künstlerszene in Paris war eine ganz eigene Welt, in der sich Dora nicht immer geborgen fühlte. Die schwierige Zeit während des Nazi-Regimes standen sie gemeinsam durch. Paris ist von den Boches besetzt, sie reisen nochmal gemeinsam in sein Haus in Menerbes, das er ihr später schenken wird. Das nahende Ende ihrer Liebe spürte sie, die Begegnung Picassos mit Francoise Gilot bedeutete das unausweichliche Aus ihrer Zweisamkeit.  

Der Lesegenuss wird durch die Liste der Kunstwerke zum Schluss nochmal gesteigert. Viele Werke von Dora Maar, von Picasso und einige Werke von Man Ray sind so schnell zu finden, man sollte sich aber Zeit nehmen, um diese Fülle an Kunst auf sich wirken zu lassen.

Bettina Storks gelingt es mühelos, den Leser mitzunehmen in diese längst vergangene, faszinierende Welt. Über Picasso, das so charismatische Ausnahmetalent, ist vieles bekannt. Sowohl seine Werke als auch sein Leben wurden und werden vielfach dokumentiert. Die Autorin schafft es hier, Dora Maar in ihrer ganzen Vielschichtigkeit lebendig zu porträtieren. Ich habe mich gerne auf diese Reise eingelassen und zum Schluss nochmal einen Blick in diese verstaubte Schachtel geworfen, in der Dora sieben Bilder aufbewahrte. Ihr gelebtes Leben lässt sie nochmal Revue passieren.

Die Reise mit Dora Maar ist zu Ende und die Reihe „Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe“ um ein sehr lesenswertes Stück Zeitgeschichte reicher.