Rezension

Lesenswerter historischer Krimi

Jakobsblut
von Barbara Pope

Bewertet mit 3 Sternen

Jakobsblut ist ein Roman, der vor dem Hintergrund der Dreyfus-Affäre in Nancy, Frankreich spielt. Es ist bereits der zweite Band der Autorin, der Historikerin Barbara Pope, um den Richter Bernard Martin. Die Handlung des ersten Bandes (so vermute ich) wird immer wieder angesprochen, ist aber nicht wirklich wichtig für dieses Buch. (Umgekehrt werde ich nun allerdings, wo ich dessen Handlung bereits so genau zu kennen glaube, den ersten Band wohl nicht mehr in die Hand nehmen.)
 
In diesem Buch geht es in zwei parallelen Handlungen einerseits um die familiäre Situation des Richters, dessen Frau Clairie zu Beginn schwanger ist. Bernard hat den Eindruck, dass sie ihm unter dem Einfluss ihrer streng religiösen Freundin Madeleine zu entgleiten droht. In diesem Rahmen werden außerdem die Spannungen angesprochen, die durch die neue französische Republik mit ihren Idealen bis in die Privathaushalte strahlten.
 
Andererseits ist der Richter von einer Mordermittlung stark in Beschlag genommen: Zu Beginn der Handlung geht es nur um einen toten Säugling, dessen Eltern behaupten, er sei von einem Juden für Rituale ermordet worden – was sich schnell als Lüge herausstellt. Dann werden allerdings angesehene Mitglieder der jüdischen Gemeinde getötet. Ein Kollege Martins am Gericht, selber Jude, beharrt darauf, dass kein Jude einen anderen töten würde und naheliegender Weise beginnen die Ermittlungen im antisemitischen Milieu. An dieser Stelle beginnt die Handlung leider etwas zu zerfasern: Warum fängt man nach einer Weile an, auch im Militär zu ermitteln, nur weil man gehört hat, dass irgendwann dort mal jemand antisemitische Äußerungen gemacht hat? Das ist dieselbe Sippenhaft, wie kollektiv Juden unter Verdacht zu stellen, vor allem, weil niemand der Ermordeten Kontakt zum Militär hatte. Das Buch hat hier Längen, die vielleicht damit entschuldigt werden können, dass sich eben auch Mordermittlungen hinziehen können.
 
Etwas irritiert hat mich ebenfalls, wie merkwürdig im Buch mit dem Begriff der Freundschaft umgegangen wurde; die Art und Weise, wie die Beziehung zwischen Bernard und seinem Kollegen Singer dargestellt wurde, hat mich mehr an Sympathie bei gleichzeitiger völliger Fremdheit denken lassen. Wirklich super hingegen war, was die Autorin ganz nebenbei an historischem Hintergrund einfließen lässt, auch und besonders was Alltägliches angeht. Mich hat z.B. völlig überrascht, dass es bereits 1894 Telefone in Privathaushalten gegeben hat.
 
Insgesamt ein durchaus lesenswertes Buch.