Rezension

Mal etwas andere Fantasy-Geschichte, die mich mit der Umsetzung manchmal leider nicht ganz überzeugen konnte

Der Wald der verlorenen Schatten -

Der Wald der verlorenen Schatten
von Danbi Eo

Bewertet mit 4 Sternen

Du möchtest in das koreanische Leben eintauchen?

Du wolltest schon immer mal ein Buch von einer koreanischen Autorin lesen und erfahren, was eine Fantasy-Geschichte in diesem Kulturkreis ausmacht?

Du möchtest wissen, was passiert, wenn dein Schatten vor dir wegläuft und du ihn finden musst, um nicht zu einem Teil des Waldes zu werden?

Dann lese diese Geschichte und entdecke die Antworten selbst.

 

Hyoju fährt in das kleine Dorf Dogi zu der Trauerfeier ihrer Großmutter, die sie nicht gekannt hat. Bei dieser warnen sie alle, nicht in den Wald zu gehen, ohne vorher eine Kerze anzuzünden. Unbewusst überschreitet sie eines Tages doch die Grenze und merkt schnell, dass hinter den Warnungen der Dorfbewohner, die sie als Aberglauben abgetan hat, doch Wahrheit steckt. Denn ihr Schatten läuft von ihr weg und ihre einzige Chance ist, gemeinsam mit einem männlichen Begleiter diesen wiederzufinden, bevor es zu spät ist und sie nie wieder zurückkehren kann.

 

Hyoju erschien mir zu Beginn sehr viel jünger, als sie es mit ihren 29 Jahren tatsächlich ist. Sie wirkte auf mich sehr unbeholfen und so, als hätte sie ihre kindlichen Züge und Verhaltensweisen noch nicht abgelegt. Bei ihrer Vergangenheit und ihrer aktuellen Situation ist es zum Teil nachvollziehbar, aber trotzdem war es für mich nicht ganz stimmig. Aber darüber konnte ich schnell hinwegsehen, denn letztendlich war es für mich nicht groß von Bedeutung, wie alt die Protagonistin ist, da sie später doch andere Seiten von sich gezeigt hat und der Fokus in dieser Geschichte eher auf anderen Aspekten lag.

Neben ihr gibt es nur wenige Charaktere, die eine tragende Rolle spielen, aber das macht gar nichts, da die Geschichte auch so funktioniert und sich auf das Wesentliche konzentriert. Das soll jetzt nicht heißen, dass es nur diesen einen Handlungsstrang gibt, sondern es gibt einige weitere, die jedoch eher am Rande mit einfließen.

 

Mit dem Schreibstil musste ich mich zuerst anfreunden. Ich kann nicht so genau sagen, warum ich nicht von Beginn an damit warmgeworden bin, aber als die ersten Fantasy-Elemente eingebaut wurden, bin ich mehr in die Geschichte reingekommen und das Buch ließ sich für mich zumeist flüssiger lesen, das heißt es ist mir leichter gefallen, weiterzulesen und dranzubleiben. Vielleicht lag es daran, dass ich bis dahin genug Zeit hatte, um mich an das für mich fremde Setting zu gewöhnen, denn dass das Leben in Korea anders ist als das in den westlichen Ländern, liegt auf der Hand. Die Natur wird zumeist sehr detailliert beschrieben, wodurch wir Leser einen guten Einblick in die Atmosphäre bekommen, aber manchmal war es mich ein bisschen zu viel beschreibend, sodass ich mich zum Teil mehr wie ein Beobachter gefühlt habe, aber ich habe mich daran gewöhnt – wenn man sich darauf einlässt, dann funktioniert es auch und ist durch die eher unüblich gesetzten Akzente mal eine ganz andere Leseerfahrung.

Wir Leser befinden uns mit Hyoju in Korea und während sie dort ihrem normalen Tagesablauf nachgeht, das heißt während für sie und die Autorin alles alltäglich und nicht erklärungsbedürftig ist, war vieles für mich zunächst fremd und ungewohnt, schon angefangen beim Essen und den gesellschaftlichen Bräuchen, dass beispielsweise der Tod der eigenen Eltern für eine Verlobung nicht förderlich ist. Doch relativ schnell habe ich das Gefühl gehabt, bei ihr in Korea angekommen zu sein.

 

In der Zeit, nachdem Hyoju ihren Schatten verloren hat, treffen wir gemeinsam mit ihr auf verschiedene magische Erscheinungen, die wir auf zum Teil amüsante, lustige Weise kennenlernen. Hyojus männlicher Begleiter erklärt uns, um welche Wesen es sich dabei handelt und ob und falls ja, wie man sich vor diesen schützen muss. Er gibt uns Lesern auch noch einmal einen ganz anderen Blick auf auf das Leben bzw. auf für uns alltägliche Verhaltensweisen, indem er ständig fragt, was es mit den verschiedenen Mimiken auf sich hat, wie Hyoju diese macht und wann bzw. in welcher Gefühlslage diese angebracht sind. Dadurch denkt man noch einmal reflektierter über diese für uns normalen, selbstverständlichen und automatisch ablaufenden Dinge nach. Denn wer denkt schon darüber nach, wie beispielsweise eine Gänsehaut entsteht, bzw. wie man diese erzeugt, oder wie man sich erschrickt und wie man dabei sein Gesicht verzieht – es geschieht einfach. Und genau deswegen finde ich es schön, dass dieses Buch einen anhalten und über solche scheinbaren Kleinigkeiten nachdenken lässt und einem diese auch vor Augen führt.

 

Es gibt einige überraschende Wendungen und gerade mit disem Ende hätte ich nicht gerechnet, aber das macht diese Geschichte nur noch spannender. Insgesamt ist es in sich rund und klärt alle wichtigen Fragen, sodass ich mit dem Ende trotz allem ganz zufrieden war – denn gerade ein unerwartetes Ende ist doch auch mal schön, wenn es stimmig ist.

 

Es ist auf jeden Fall mal eine etwas andere Fantasy-Geschichte aus einem anderen Kulturkreis mit einer schönen Fantasy-Geschichte, die ich euch empfehle, auch wenn mich manchmal die Umsetzung nicht ganz überzeugen konnte.