Rezension

Man ist immer nur so alt wie man sich fühlt.

Oma wird erwachsen - Liv Jansen

Oma wird erwachsen
von Liv Jansen

Bewertet mit 4.5 Sternen

Isabell flippt aus. Ihre Oma hatte einen Zusammenbruch. Burnout, sagt der Arzt. Isa fährt also raus auf's Land, denn wenn Oma jetzt eins braucht dann Ruhe und Erholung. Davon will die resolute Alte allerdings so gar nichts wissen. Edith versorgt ihre Tiere, backt Kuchen für gefühlt das ganze Dorf und arbeitet nebenher noch in der Bäckerei und dem örtlichen Gasthof. Kirchenchor und Häkeln fallen da quasi schon unter Entspannung.
Gemeinsam mit ihrem besten Freund Kalle versucht Isa, ihrer Oma das Leben zu erleichtern - zumindest soweit, wie die sie lässt.

Dieses Buch steht und fällt mit Oma Edith - und ich würde mal behaupten, es steht bombenfest, denn die Oma ist ein Volltreffer. Je nach derzeitiger Lebenssituation des Lesers schwankt man eigentlich nur zwischen zwei verschiedenen Gefühlen : Entweder man möchte gerne selbst ein bisschen wie Edith sein oder man möchte sie gerne adoptieren. Bei mir war es angesichts meines eigenen Alters eher letzteres. Denn die Oma ist super. Mit einer Mischung aus ganz viel Eigenwillen, Humor und Zynismus erobert die alte Dame schon mit ihrem ersten Auftritt das Herz der Leser. Dabei ist sie noch so schrecklich wenig political correct, dass man das heutzutage fast nicht mehr drucken darf - nachdem sie das aber so trocken und selbstverständlich abliefert kann noch nicht mal ich ihr das übel nehmen.
Und nach dem Schreiben fällt mir auf : ich rede von Edith so, als wäre ich gestern erst bei einem Stück Kaffee und Kuchen zu Besuch gewesen. Und irgendwie fühle ich mich auch so.

Nach dem Lesen stört mich das Cover dann auch fast ein bisschen, obwohl ich es Anfangs ganz bezaubernd fand - aber jetzt stelle ich mir Edith einfach anders vor. Zäher, drahtiger, wilder. 

Ich schweife schon wieder aus. Das Buch hat alles, was ein humorvolles Buch haben sollte. Der Schreibstil ist locker und leicht zu lesen, die Personenkombination aus der resoluten Oma, dem weinerlichen Kalle und der überforderten Isabell sorgt für einen Lacher nach dem anderen und der Leser wird für einige angenehme Stunden aus dem eigenen Alltag entrissen.
Für mich wäre das ein glatter Volltreffer gewesen, wenn das Ende nicht gewesen wäre. Komischerweise hab ich mich gar nicht an der fluffig - flauschigen Happy End Atmosphäre gestört, die mir normalerweise immer etwas sauer aufstößt, hier passt es einfach. Aber die Auflösung rund um das Dorfgeheimnis war mir dann einfach eine Schippe zu viel. ZU konstruiert, ZU unrealistisch, ZU extrem. Es passt auch einfach nicht zum Rest, macht für mich die wohlige Atmosphäre des kleinen Dorfes kaputt und verursacht mir ein bisschen Bauchschmerzen.

Trotzdem : Oma Edith sollte jeder mal kennengelernt haben. An diesem Buch hat vermutlich jeder Spaß, egal wie alt er selbst ist.