Rezension

Messerscharfe Rache

Verfehlt -

Verfehlt
von Christiane Dieckerhoff

Bewertet mit 4 Sternen

Kollegen halten die Anspannung von Kommissarin Klaudia Wagner bei der Sicherung des alljährlichen Gurkenfests für übertrieben: Hier ist Lübbenau, nicht Berlin - was sollte schon groß passieren, außer den üblichen Gurkenschnapsleichen und eventueller Fest-Schlägerei? Aber natürlich, der Leser ahnt es (sonst hätte Christiane Dieckerhoff ja auch keinen Stoff für ihren neuen Spreewaldkrimi "Verfehlt") kommt es ganz anders - vor den Augen der Polizisten bricht der Schützenkönig in seinem Kahn zusammen - und die Todesursache ist nicht natürlich. Auch auf Wagners alten Freund, den Fährmann Schiepschick, wird ein Anschlag verübt, mitten auf dem Volksfest.

Wagner sorgt sich nicht nur um ihren alten Freund, sie muss sich auch mit einem arroganten LKA-Kollegen auseinandersetzen, der sie nur zu Hilfsarbeiten heranholt - und stößt dabei auf Hinweise, die Schiepschick plötzlich in ein ganz anderes Licht rücken. Ist ein unbekannter Täter auf Rachefeldzug für ein ungeahndetes Verbrechen in der Vergangenheit ? Und wer ist darin verwickelt? 

Mit Altlasten aus der Vergangenheit, speziell wenn es um Beziehungen geht, müssen sich auch Wagner und nahezu ihr gesamter Kollegenkreis auseinandersetzen - das kann schon mal von den Ermittlungen ein wenig ablenken. Wie gut, dass wenigstens Kater Dickie bedingungslos zu der Polizistin hält, solange sie nur für Katzenfutter und Streicheleinheiten sorgt. 

"Verfehlt" ist Teil einer Serie, und es kommt immer wieder zu Hinweisen auf vergangene Ereignisse, die das aktuelle Beziehungefüge im und um das Lübbenauer Polizeirevier erklären. Und am Ende des Buchs ahnt man: Da ist noch einiges drin an künftigen Entwicklungen, für die sicher noch mindestens ein Buch geschrieben wird.

Ganz nebenbei geht es auch um Wendegewinner und -verlierer, Rassismus im Osten, den Umgang mit Trauer, Verlust und Traumata. Dabei schafft es die Autorin, ihre Andeutungen und Hinweise so zu setzen, dass nicht nur Wagner mit ihren Interpretationen unsicher ist. So bleibt Spannung bis zu Schluss mit einer Kommissarin voller Ecken, Kanten und Unsicherheiten - keine Superfrau, sondern gerade aufgrund ihrer Schwächen überzeugend lebensnah.