Rezension

"Mit viel Zanken und Disputieren tut man leicht die Wahrheit verlieren." (Johann Nepomuk Vogl)

Sommer der Versöhnung - Darcie Chan

Sommer der Versöhnung
von Darcie Chan

Bewertet mit 5 Sternen

Als ihr Ehemann bei einem Brand sein Leben verlor, zieht Josie mit ihren beiden Töchtern Emily und Rose zu ihrer Tante Ivy nach Mill River in Vermont, wo sie eine neue Heimat finden und noch enger zusammenwachsen. Rose und Emily sind nicht nur Schwestern, sondern auch enge Freundinnen bis ein böser Unfall die beiden auseinander treibt und sie jeglichen Kontakt zueinander abbrechen. Erst zu Josies Beerdigung treffen sie wieder aufeinander. Das Testament ihrer Mutter hält für die beiden verfeindeten Schwestern eine Überraschung parat, denn Josie hat all die Jahre unter ihrem Streit gelitten und unternimmt posthum einen letzten Versuch, die beiden wieder zusammenzubringen. Aber werden sich Emily und Rose auf die Verfügung und die Auflagen ihrer Mutter einlassen und sich wieder zusammenraufen?

Darcie Chan hat mit ihrem Buch „Sommer der Versöhnung“ einen unterhaltsamen und anrührenden Roman vorgelegt, der eine schmerzliche Familiengeschichte zum Inhalt hat. Der Schreibstil ist flüssig und gefühlvoll, er nimmt den Leser von der ersten Seite an mitten ins Geschehen mit. Die Handlung wird über zwei Handlungsebenen erzählt, wobei sich der erste ab dem Jahr 1983 mit Josie und der Vergangenheit der Familie beschäftigt, während der zweite die Gegenwart um Rose und Emily 30 Jahre später thematisiert. Beide Handlungsperspektiven wechseln sich ab, so dass der Leser nach und nach einen guten Einblick über die Familienverhältnisse und die Schicksalsschläge bekommt. Die Autorin beschreibt die Gefühle und Gedanken der zerstrittenen Schwestern intensiv, der Leser kann sie gut nachverfolgen. Aber auch Josies Trauer um den Kampf ihrer Töchter ist sehr gut nachzuvollziehen. Nach und nach bringt die Autorin einem Puzzle gleich die Informationen an den Leser, warum die beiden Schwestern sich so lange Zeit so gehasst haben. Durch den geschickten Handlungsaufbau bleibt die Spannung gleichbleibend hoch und die Geschichte ist nicht unbedingt vorhersehbar. Zudem sind die Landschaftsbeschreibungen wunderbar bildhaft, so dass der Leser sich schnell in Mill River heimisch fühlt.

Die Charaktere ihrer Protagonisten hat die Autorin sehr unterschiedlich gestaltet und mit individuellen Ecken und Kanten versehen, so dass sie sehr lebendig und authentisch wirken und sich der Leser gut in sie hineinversetzen kann, was zusätzliches Lesevergnügen bedeutet. Josie ist eine starke und mutige Frau, die sich trotz Schicksalsschlägen nicht hat unterkriegen lassen und nie die Hoffnung aufgegeben hat. Rose und Emily sind so gegensätzlich wie Feuer und Wasser, da vermutet man gar nicht, dass die beiden einmal ein Herz und eine Seele waren. Beide gönnen sich nicht das Schwarze unter den Fingernägeln, sie zicken sich an und für einen außenstehenden Beobachter führt das oftmals zu Resignation, vor allem, wenn es um Nichtigkeiten geht. Tante Ivy ist in dieser Geschichte diejenige, die alles in der Balance hält und mit ihrem Wesen dafür sorgt, dass es nicht noch schwieriger wird. Aber auch die Bewohner von Mill River sind schön ausgearbeitet, so dass sich der Leser schnell als Teil der Gemeinschaft fühlt.

„Sommer der Versöhnung“ ist ein sehr gefühlvoller und fesselnder Roman über die Familie, alte Geheimnisse, Streitigkeiten, Trauer und die Liebe. Verdiente Leseempfehlung für ein kurzweiliges Lesevergnügen.