Rezension

Poetisch und berührend

Zweiundzwanzig - Jean-Philippe Blondel

Zweiundzwanzig
von Jean-Philippe Blondel

Bewertet mit 5 Sternen

Der französische Autor Blondel geht mit diesem Werk zurück in seine Vergangenheit, als er 22 Jahre jung war. Der französische Originaltitel lautet: Et rester vivant - Am Leben bleiben - und trifft den Kern dieser romanhaft verarbeiteten autobiographischen Erlebnisse recht genau.

Der Erzähler, man erfährt alles aus der Ich-Perspektive, verlor gerade seinen Vater aufgrund eines Autounfalls. Vier Jahre zuvor sind schon seine Mutter und sein Bruder bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Der Ich- Erzähler löst nun das Elternhaus aus und bricht mit seinem Erbe auf nach Morro Bay, welches ihm aufgrund eines Songs von Lloyd Cole im Kopf herum geistert.

Auf seinem Roadtrip durch die USA und Mexiko begleiten ihn sein bester Freund Samuel und seine (Ex-) Freundin Laure. Laure, mit der er zusammen lebte, die nun aber mit Samuel in einer Beziehung ist.

Diese Reise wird zu einer ganz besonderen Reise. Sie macht den Anfang für den Beginn einer Trauerbewältigung, dient der Selbsterkenntnis und stellt die Freundschaft und Liebe der drei Freunde auf die Probe.

Ich habe den „Unglückskönig“ gern auf seiner Reise begleitet. Es hat mir gefallen durch seine Augen die USA und Mexiko zu betrachten, bin gern ein wenig in seine Familienhistorie eingetaucht, war fasziniert von der unerschütterlichen Freundschaft und immer wieder sehr berührt von seinen Empfindungen.

Der Stil ist dabei oft karg und wirkt oft distanziert. Das Fassungs- und Bodenlose des Familienverlusts wird so sehr gut nachfühlbar. Das „Sich-Auflösen“, das Verblassen der Umwelt kann man gut nachempfinden. Das oft nur Angedeutete, die skizzenhaften Beschreibungen überlassen dem Leser viel Raum zur Fantasie, was mir persönlich gut gefällt. Darüber hinaus sind auch immer wieder wunderbar poetische Abschnitte zu finden, die stark berühren.

Dieses kleine, etwas leise Werk ist für Leser geeignet, die mit einem Schreibstil, der einiges offen lässt und vieles nur behutsam andeutet, gut umgehen können und die vielleicht selbst den Verlust naher Menschen erfahren haben. Ich empfand es als sehr poetisch und etwas melancholisch, dabei aber nie herunter ziehend.