Rezension

Reuters Reise zu sich selbst

Reuter -

Reuter
von Jan C. Behmann

Bewertet mit 4 Sternen

Format und Einband lassen schon von Weitem ein Behmann-Buch erkennen. Es ist ein Taschenbuch im wahrsten Wortsinn, das den ganz persönlichen Stil von Jan C. Behmann widerspiegelt. Erzählt wird Reuters Geschichte. Der ist ein Mann, der vom Leben wenig erwartet, stets sein Licht unter den Scheffel stellt und sich für alles verantwortlich fühlt, was schief läuft. Reuter ist ein Außenseiter, der die bürgerlichen Klischees in Frage stellt und sich ihnen nicht beugen will und kann. Seine enge Freundin Alba, eine Künsterlin mit ungewöhnlichem Sujet und ungewöhnlicher Lebensgeschichte ist für ihn ein wichtiger Halt und eine gute Beraterin. Im Verlaufe des Romans gehen Reuter alle seine Lebensanker verloren. Sein Job in einer Anzeigenabteilung wird gekündigt. Seine Liebe zu einer Kollegin wird enttäuscht. Alba verschwindet spurlos. Sein Therapeut erkrankt und steht nicht mehr zur Verfügung. Was passiert mit einem Menschen, der ohnehin zu Depressionen neigt, wenn ihn alle seine Sicherheiten entzogen werden?
Sehr plastisch werden die Seelenzustände und Sichtweisen von Reuter beschrieben. Sehr gut kann die Leserin nachempfinden, wie er am Boden liegt und wie schwierig es für ihn ist, jeden einzelnen Tag auszuhalten. Die Erfahrung, dass das Leben immer weiter trägt und dass die Verluste stets der Grundstein für neue Entwicklungsmöglichkeiten sind, erschließt sich Reuter sehr langsam, aber unaufhaltsam. Das Ende des Romans war für mich überraschend. Es scheint mir etwas inkonsequent. Dennoch glaube ich, dass das viele Leser und Leserinnen gern mögen werden.
Die eingestreuten Musikhinweise sind sehr origenell und bereichernd.
Ich hatte große Freude beim Lesen und gebe gern eine Leseempfehlung.