Rezension

Roadmovies für Oldies...

Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand - Jonas Jonasson

Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand
von Jonas Jonasson

Bewertet mit 5 Sternen

Allan Karlsson hat keine Lust auf seine Geburtstagsfeier im Altenheim. Obwohl der Bürgermeister und die Presse auf den 100jährigen Jubilar warten, steigt Allan kurzerhand aus dem Fenster und verduftet. Bald schon sucht ganz Schweden nach dem kauzigen Alten, doch der ist es gewohnt, das Weltgeschehen durcheinanderzubringen und sich immer wieder aus dem Staub zu machen.Mit viel Charme begleitet Otto Sander den schlitzohrigen Allan auf seiner herrlich komischen Flucht durch Schweden und lässt augenzwinkernd die politischen Verwicklungen des 100-Jährigen Revue passieren.

An seinem 100. Geburtstag beschließt Allan Karlsson, den Feierlichkeiten um sein Jubiläum zu entfliehen, klettert aus dem Fenster des Altersheims und verschwindet. Mit seinen müden Gelenken und Pantoffeln an den Füßen, kommt er nicht weiter als bis zum nächstgelegenen Bahnhof. Dort wartet er auf den Bus, um mit diesem so weit zu fahren, wie man eben mit 50 schwedischen Kronen kommt. Den Koffer, den ihm ein junger Mann am Bahnhof zu einer kurzen Aufbewahrung anvertraut hatte, nimmt Allan fürsorglich mit in den Bus, denn schließlich will er ihn nicht einfach unbeaufsichtigt stehen lassen. Wie hätte er auch ahnen können, dass dieser junge Mann einer Gangsterbande angehört und der Koffer bis oben hin voller Geld ist…
Und so beginnt eine Verfolgungsjagd quer durch Schweden, wobei die Reisegruppe stetig anwächst. Gangster, Polizei und Medien bemühen sich zu verstehen, was geschehen ist, und Allan nutzt die gesamte Lebenserfahrung seiner 100 Jahre, um dem Schicksal einmal mehr ein Schnippchen zu schlagen.

Neben der Flucht quer durch Schweden springt der Roman immer wieder auch in die Vergangenheit und schildert chronologisch Allans bisheriges Leben. Eigentlich ein geborener Loser – nahezu ohne Schulbildung und mit einem unheilvollen Hang zu Sprengstoff, was ihn bereits in jungen Jahren in die Psychiatrie bringt – laviert sich Allan im Laufe der Jahre à la Forest Gump durch die Weltgeschichte und trinkt Berühmtheiten wie General Franco, Präsident Truman, Stalin und Mao Tse Tung unter den Tisch. Dabei ist Allan zwar gutmütig, aber alles andere als naiv und deckt auf seine politisch uninteressierte und pragmatische Weise so manche Absurdität der Weltgeschichte der vergangenen 100 Jahre auf.
Mit Allan hat der schwedische Autor einen liebenswürdigen Protagonisten geschaffen, der immer für einen Schnaps zu haben ist und mit seiner Devise "Es ist wie es ist und es kommt wie es kommt" herrlich unaufgeregt durchs Leben geht. Wahnwitzige, wunderbar gezeichnete Nebenfiguren runden diese moderne Monty Python Geschichte ab. Eine erfrischend andere Geschichte. Dabei hat mich v.a. auch der trockene, oft schwarze Humor und die leise Ironie angesprochen – oftmals musste ich laut auflachen beim Hören.

Ein unterhaltsames, lustiges und gleichzeitig weises, herzwärmendes (Hör-)Buch, das in der bei audible.de erhältichen ungekürzten Form von Otto Sanders durchaus passend vorgetragen wurde.
Ein Highlight des Jahres!

© Parden