Rezension

Ruhig erzählt, gefühlvoll, schön...

Es ist nie zu spät für alles - Kajsa Ingemarsson

Es ist nie zu spät für alles
von Kajsa Ingemarsson

Bewertet mit 4 Sternen

Durch eine Bekannte bin ich auf Kajsa Ingemarsson aufmerksam geworden, die ich bis dato überhaupt nicht kannte. Die schwedische Autorin hat mich sehr schnell in ihren Bann gezogen und ich bin froh über diese neue "Bekanntschaft"!

"Es ist nie zu spät für alles" ist ein Roman über drei Frauen. Alle drei wohnen in derselben Wohnsiedlung in einer schwedischen Kleinstadt und leben ihr "normales" Leben. Dann taucht plötzlich diese ominöse "Neue" auf, die ein - lange Zeit leerstehendes- Haus in der Siedlung bezieht. Dort gehen plötzlich viele Fremde ein und aus. Die drei Protagonistinnen Miriam, Nina und Ellinor werden äußerst skeptisch und wollen der Sache auf den Grund gehen. Zeitgleich geschehen jedoch allerhand Dinge im Leben dieser drei Frauen - Dinge, die einen Umbruch bewirken. Und die "Neue" wird zu einer zentralen Person, die dem Leben und besonders auch der Freundschaft von Miriam, Nina und Ellinor den entscheidenden Anschub verleiht.

Kajsa Ingemarsson schreibt in einer Weise, die mir bisher noch nicht untergekommen ist. Sehr ruhig, detailliert und überaus einfühlsam stellt sie dem Leser die drei wichtigen Charaktere vor. Ich habe ihren Schreibstil als eine Art Entschleunigung empfunden. Man "hetzt" nicht von einer Spannung zur nächsten. Man ENTspannt beim Lesen dieses Romanes. Die drei Frauen Miriam, Nina und Ellinor sind wunderbar authentische Charaktere und mit ihren kleinen und großen Problem(ch)en sehr aktuell in der heutigen Zeit. Es sind ganz normale Frauen, die meine Nachbarinnen sein könnten. Ich konnte mir ein genaues Bild von allen machen, mich sehr gut hineinfühlen und jede Einzelne in ihrer Situation verstehen.

Ingemarssons so exakte Beschreibungen können allerdings auch zur Langatmigkeit neigen. Das spürte ich besonders in der Mitte des Romans, als sich die Autorin seitenweise über diverse Wohnungs - Inneneinrichtungen bis ins Detail erging. Das war für mich dann doch ein wenig übertrieben und hatte den Lesefluss gehemmt. Auch hier und da fand ich eine Wendung etwas zu dick aufgetragen. Allerdings schaffte es Ingemarsson, wieder zum Kern zurück zu gelangen und mich letztendlich doch sehr zufrieden zu stellen.

Fazit: Kajsa Ingemarsson ist eine Autorin, die ich weiter im Auge behalten werde. Ihre Geschichte über das Leben dreier Frauen, die gemeinsam etwas ändern wollen - jeder für sich und doch mit der Hilfe der anderen - ist sehr behutsam, authentisch und berührend geschrieben. Ihre detailgenauen Beschreibungen wirken ungeheuer beruhigend und angenehm, können aber leider zwischenzeitig auch sehr zäh werden. Kein Pageturner, aber ein wunderbares Leseerlebnis für entspannte Stunden - ohne kitschig zu sein! -, das Lust auf noch mehr von dieser Autorin macht.