Rezension

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Schöner und gefühlvoller Roman über das Leben und die Liebe

Ist das jetzt schon Liebe?
von Christina Beuther

Bewertet mit 5 Sternen

Die 32-jährige Juliane, genannt Juli, lebt schon seit Jahren fernab der Heimat in Neuengland/Amerika. Dort arbeitet sie als Kinderbuchautorin und Illustratorin, womit sie erfolgreich ist. Juli hat dort einige soziale Kontakte und ist mit ihrem Leben soweit zufrieden. Einzig für eine dauerhafte Partnerschaft hat es noch nicht gereicht. Von ihrem Verlobten hat sich Juli Hals über Kopf erst vor kurzer Zeit getrennt. Eine wirkliche Erklärung hat sie selbst nicht dafür, es passte einfach für sie nicht mehr und sie konnte wohl den Gedanken an die bevorstehende Hochzeit nicht mehr aushalten. Da erreicht Juli unverhofft die Nachricht, daß ihre Mutter Ria plötzlich gestorben ist. Juli reist also zurück in das Dorf ihrer Kindheit und Jugend, Beekelsen in Ostwestfalen, um die Beerdigung der Mutter zu organisieren. Dem Ort, den sie zuletzt anlässlich der Beerdigung ihrer über alles geliebten Großmutter, bei der sie auch aufgewachsen ist, besucht hatte, steht sie mit gemischten Gefühl gegenüber. Hier ist alles so kleinbürgerlich und oft spießig. Die Nachbarn und Bekannten leben ihren gewohnten Trott, jeder weiß alles von jedem und es wird geklatscht und getratscht. Auch Juli, die Heimkehrerin, wird natürlich beäugt und mit zahlreichen Ratschlägen, wenn auch vielleicht oft gut gemeint, genervt. Zum Glück gibt es da noch Julis Onkel und Tante und ihre Cousine und gute Freundin Mo nebst ein paar anderen Jugendfreunden, die Juli beherzt und freudig in ihrer Mitte aufnehmen. Dennoch ist Juli sicher, daß sie nicht in Beekelsen bleiben wird, auch wenn sie jetzt hier Haus und Ländereien geerbt hat. Auch wenn ihre Mutter Ria, die sich früher nicht um sie gekümmert hat, sondern lieber fernab der Heimat sich selbst verwirklichte, im Alter hier in Beekelsen zur Ruhe gekommen war, kann sich Juli ein Leben in Beekelsen nicht mehr vorstellen. Ihr Lebensmittelpunkt ist jetzt Cambridge. Daran kann auch der letzte Brief ihrer Mutter Ria, in dem sie Juli ganz offen ihre Gedanken und Befürchtungen in Bezug auf Julis bisheriges Leben kundtut, nichts ändern. Ganz im Gegenteil, Juli ist richtiggehend wütend auf ihrer Mutter, die doch gar nicht viel von ihrem Leben wissen konnte. Ria wirft ihr in ihrem Brief vor, daß sich Juli vor dem Leben verstecken und vor unangenehmen Entscheidungen flüchten würde. Was weiß den Ria? War sie es nicht, die ihr Kind nicht alleine groß zog, sondern bei der Großmutter aufwachsen ließ? Dennoch gerät Juli ins Grübeln und auch das Wiedersehen mit dem einst verhassten Schulkameraden Jan, der jetzt als Landarzt in Beekelsen tätig ist, bringt ihre Gefühlswelt noch mehr in Unruhe. Dieser Roman ist wirklich sehr gut geschrieben und lässt sich sehr flott lesen. Die Figuren werden sehr gut beschrieben, ebenso das Dorfleben und alte Traditionen, die es eben im ländlichen Raum so gibt. Auch auf Julis Gefühlswelt und ihre Erinnerungen wird sehr gut eingegangen und man kann mit Juli an schönen und auch an einigen weniger schönen Erinnerungen und Erlebnissen teilhaben. Die Rückkehr in die Heimat bringt so einiges in Julis Gefühlswelt durcheinander und sie muß sich einigen grundsätzlichen Dingen in ihrem Leben stellen. Dieser Prozess wird sehr gut geschildert und man kann sich als Leser daher oft sehr gut in Juli hineinversetzen. Auch die Beziehungen familiärer und freundschaftlicher Art werden von der Autorin mit viel Gefühl und Warmherzigkeit sehr authentisch erzählt. Mir hat dieser Roman sehr gut gefallen und ich habe ihn sehr gern gelesen. Der kulinarische Teil des Buches ist dann noch das Tüpfelchen auf dem I. Eine wirklich, nette Idee.