Rezension

Schwebender Junge

Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket - John Boyne

Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket
von John Boyne

Bewertet mit 4.5 Sternen

Die Brockets sind eine absolut normale Familie – bis auf Barnaby. Denn der schwebt! Und so gern er es auch lassen würde, es gelingt ihm nicht. An einem schicksalhaften Tag geschieht das Unfassbare: Barnaby schwebt davon, immer weiter, hoch in den Himmel hinein. So beginnt eine magische Reise durch die Welt, in der Barnaby höchst sonderbare Abenteuer erlebt. Er lernt eine Reihe kurioser und liebenswerter Freunde kennen. Und am Ende begreift er, dass er so normal wie seine Eltern gar nicht sein möchte: Er ist froh, anders zu sein. (Verlagsseite) 

Eleanor und Alistair Brocket ist eines besonders wichtig, als sie heiraten: Normal zu sein. Nur nicht auffallen, nur nichts Ungewöhnliches sein, machen oder erleben. Kein Gerede bei Nachbarn provozieren. Immer zurückhaltend, immer unauffällig, immer diskret. Zunächst geht alles gut, ihre Kinder Henry und Melanie entwickeln sich problemlos zu ruhigen, störungsfreien und allzu braven Mitmenschlein. Normal also.
Bis Barnaby geboren wird. Für den die Schwerkraft nicht gilt und der einfach zur Decke schwebt. Nur mit schweren Gewichten beladen gelingt es ihm, unten zu bleiben. Zuhause sorgen die Eltern zunächst mit Matratzen an den Decken gegen Verletzungen vor. Die Schwierigkeiten beginnen, als Barnaby zur Schule muss.
Eines Tages halten die Eltern den unnormalen Alltag mit ihrem Jüngsten nicht mehr aus und lassen ihm fliegen.
Damit beginnt eine weltumspannende Odyssee für den Jungen. 

Boyne schickt seinen Barnaby auf eine wundersame Reise. Ihm begegnen überall Menschen, die aufgrund ihres Äußeren, ihrer Lebenseinstellung oder ihrer Tätigkeit nicht „normal“ sind. Von ihnen lernt er, den Blickwinkel und die Definition seiner Eltern von Normalität in Frage zu stellen. Er spielt Schicksal, er wird als Kuriosität eingesperrt und vorgeführt, er entwickelt Mut, Selbstvertrauen und Sicherheit. Immer passiert eines, auch wenn er sich an einem Platz zuhause fühlt: Er verliert / vergisst seine Gewichte und schwebt davon, letzten Endes sogar in den Weltraum. Und: Die Sehnsucht nach Zuhause bleibt. 

Ein rundherum gelungenes Buch, das einmal mehr Boynes Können über alle Genregrenzen hinweg beweist. Trotz der im Kern traurigen Geschichte eines verstoßenen Jungen ein Wohlfühlbuch, das sich auch zum Vorlesen für jüngere Kinder eignet. Eine besondere Erwähnung verdienen die originellen, schwarz-weiß gezeichneten Illustrationen von Oliver Jeffers.
Meine Bücherei hat das Buch unter den Fantasyromanen einsortiert, unter diesem Gesichtspunkt könnte es Fans des Genres enttäuschen; obwohl die Schwerkraft nicht mehr gilt, und obwohl Barnaby auf märchenhafte Weise den Widrigkeiten auf seiner Reise entkommt, ist die Handlung auf dem Boden der Realität angesiedelt und nicht in einer fantastischen Welt.

Eine Leseempfehlung für alle Altersstufen!