Rezension

Sehr gelungener Roman über Migration, Heimweh und Syrien vor dem Krieg

Sophia oder Der Anfang aller Geschichten
von Rafik Schami

Bewertet mit 5 Sternen

Damaskus, 2006: Aida, Mitte 50 und Karim, 75, sind ein Paar, was in ihrem christlichen Viertel in Damaskus ein großer Skandal ist. Beide sind sehr lebenslustig und genießen ihr Leben, während die Nachbarn geifern und das syrische System sehr feindlich gesinnt ist. Zur selben Zeit lebt der syrische Migrant Salman mit seiner italienischen Frau und dem gemeinsamen Sohn in Rom. Dort führt er ein gutes, erfolgreiches Leben als Unternehmer, doch das Heimweh nach Damaskus quält ihn jahrzehntelang, bis er beschließt, noch einmal in seine alte Heimat zu reisen. Das Problem dabei ist, dass er bei seiner Flucht steckbrieflich gesucht wurde, doch schließlich ist die Sehnsucht stärker...

Es fällt mir nicht leicht, die Geschichte dieses Buches einigermaßen wiederzugeben oder auch nur anzudeuten, da sie sehr vielschichtig ist, viele Themen bespricht (z. B. die Geschichte Syriens, die Diktatur mit ihren Geheimdiensten, das Verhältnis der Geschlechter, etc. etc.), viele Figuren und ihre Schicksale beschreibt. 

Der Erzählstil ist sehr poetisch, aber nicht schwülstig. Man kann ihm sehr gut folgen und kommt schnell in die Geschichte hinein. Die Figuren sind sehr tiefgängig beschrieben und überzeugen in ihren Motivationen. Die kulturellen Unterschiede und Probleme in einer Diktatur werden sehr anschaulich und dramatisch beschrieben. 

Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Rafik Schami hat es sehr gekonnt verstanden, mir seine Heimat Syrien vorzustellen. Ich verstehe nun viel besser, wie es zum Krieg und zu den Flüchtlingsströmen gekommen ist, obwohl das Buch noch vor dem Krieg endet! Trotzdem ist es hochaktuell mit seinen Themen und daneben wirklich ein unterhaltsames und spannendes Leseerlebnis. 

Ich kann das Buch daher mit bestem Gewissen weiterempfehlen an alle, die mal über den europäischen Tellerrand gucken möchten.