Rezension

Sehr gut

Die Pforten der Ewigkeit - Richard Dübell

Die Pforten der Ewigkeit
von Richard Dübell

Bewertet mit 5 Sternen

Historie - Spannung - Liebe

Zu Beginn zeigt eine alte Karte einen Schauplatz. Es folgt eine kleine Auflistung, der im Buch verwendeten alten Bezeichnungen der Orte mit Übersetzung, damit der Leser weiß, wie sie heute heißen. Aus dem einstigen Colnaburg ist Köln geworden, aus Papinberg wurde Bamberg und wer kommt schon darauf, dass Welschenberg heute Verona ist.
Ein Verzeichnis der Dramatis Personae gibt bekannt, mit wem man es im folgenden Roman zu tun bekommt, wobei die historischen Persönlichkeiten extra erwähnt werden. Für alle Wissbegierigen hält das Ende des Buches noch einige interessante Anmerkungen bereit.
Dann darf man einsteigen in den Winter des Jahres 1250 ' ''..auf das Wir noch zu leben scheinen, auch wenn Wir dem irdischen Leben entrückt sind.' ' Friedrich II. von Hohenstaufen, Kaiser des Heiligen Römischen Reichs.
Also lassen wir sie auferstehen, die Figuren dieses Romans und uns einem puren Lesegenuss hingeben, während wir Geschichte lernen und in eine ferne Zeit versinken.
Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen lebt seine letzten Minuten. Es gelüstet ihn, mitten im Winter, nach Birnen mit Zucker. Neben Rudolph von Habisburch ist auch der junge Hertwig von Staleberc anwesend, dem der Kaiser ein Geheimnis anvertraut, bevor sein Lebenslicht erlischt.
Hertwig von Staleberc kommt später irgendwo in Terra Sancta ums Leben, doch Fetzen seiner geheimen Botschaft kann er an Rogers Bezers, dem Erben der Katharer, weitergeben.
Rogers muss nun hinter das ganze Geheimnis kommen und verändert dadurch sein Leben grundlegend. Der historischen Person Rogers de Bezers sind Walter Longsword und Godefroy Arbalétrier als treue Weggefährten zur Seite gestellt worden.
Die Wichtigkeit der Stellung einer Mutter verdeutlicht ein Lied, dass Rogers Mutter ihm in seiner Kindheit gesungen hat. 'Erzähl den Blumen von deinem Glück und sing den Vögeln von deiner Liebe ein Stück, doch alles, was schlimm für dich war, erzähle dem Weib, das dich gebar.' Sariz de Fois, Ehefrau von Ramons II. Trencavel ist seine Mutter und ihr vertraut er sich an, als er sie endlich wieder sieht.
Die Menschen leben in einer Zeit ohne Kaiser. 'Wenn der Herr fehlt, werden die Hunde zu Wölfen' ' sagt Äbtissin Lucardis.
Rudolf von Habisburch kann nicht verwinden, dass der Kaiser ihn am Sterbebett nicht ins Vertrauen gezogen hat, ihn nicht zu seinem Nachfolger gemacht hat und seine letzten Worte nicht an ihn, sondern an Hertwig von Staleberc gerichtet hat.
Es ist eine Zeit der Inquisition. Eine unbekannte Zisterzienser Nonne namens Elsbeth, aus der Zisterzienser Abtei Sankta Maria und Theodor in Papinberc, versucht ihren Schützling Hedwig davor zu retten. Sie verlässt ihr Kloster, um mitten in einem Wald eine neue Zelle zu gründen, die sie als Versteck für Hedwig, als geeignet empfindet. Ein neues Kloster wird gebaut. Wie viele Bauwerke aus alten Zeiten bestaunen wir noch heute? Dazu hat der Autor Richard Dübell eine passende Widmung in sein Buch geschrieben. 'Für all diejenigen, die in einer dunklen Zeit Dinge schufen, vor denen wir heute nur staunend und demütig stehen können.'
Doch es gilt nicht nur staunend zu betrachten, sondern einzutauchen in einen Roman, der uns die alten Geschichten aus einer fernen Zeit in bester Erzählsprache und auf anschauliche Weise nahe bringt.
Elsbeth wird das Herz des Lesers gewinnen, der dann mit fiebert, ob ihr der Klosterneubau gelingt und sie ihre Liebe finden wird und leben darf. Sie plant den Bau mit Meister Wilbrand. Wie muss ein Zisterzienserkloster beschaffen sein? So stellt sie ihm die Frage, was im Zentrum der menschlichen Existenz steht und er nennt das Herz. Doch sie will nicht auf etwas Körperliches hinaus, sondern auf die Seele. So bringt sie ihn behutsam darauf, dass die Seele eines Klosters der Kreuzgang ist. 'Das Herz und die Seele des Klosters', sagte sie leise. 'Vier Seiten ' vier Gänge ' vier Himmelsrichtungen.' Und es lohnt sich den Ausführungen weiter zu folgen, um zu verstehen, wie lebendig erzählt wird. Man fühlt sich mitten im Geschehen. Auch Elsbeth, deren eigentlicher Geburtsname Yrmengard ist, bleibt nicht von den Prüfungen des Lebens verschont. Ihre härteste Prüfung, als Nonne, ist wohl Rogers de Bezers. Doch welche Rolle spielt Rudolph von Habichsburg dabei?
Eine weitere tragische weibliche Rolle ist Constantia Wiltin, der schönsten Frau in Wizinsten, zugefallen. Durch ein schreckliches Erlebnis verändert sich ihr Leben. Die Eheschließung mit Rudeger verstärkt ihr Leid und eine unausweichliche Beziehung zu Meffridus Chastelose nimmt einen interessanten Verlauf. Der Leser wird ihr gegenüber durch zwiespältige Gefühle gehen.
Meffridus Chastelose ist der Notar in Wizinsten und beherrscht diese Stadt. Er ist ein grausamer Geselle. Dennoch unterstützt er Elsbeth, die Nonne, beim Klosterbau. Doch die Frage sei erlaubt, welche Gründe ihn dazu antreiben.
Der Leser darf gespannt verfolgen, wie sich Meffridus, Constantia und Gefühle im Laufe eines Lebens ändern und eben diese Veränderungen das Schicksal der Menschen besiegeln.
Der Autor versteht es, die Figuren sehr lebendig darzustellen und damit eine historische Geschichte um fiktive und wahrhaftige Personen zu weben, die weder Spannung noch Liebe vermissen lässt.
Verschiedene Handlungsstränge ergeben gehaltvolle Geschichten, bis sich am Ende alles zu einem Gesamten vereint. Der Autor ähnelt einem Troubadour, dessen Aufgabe er im Buch wundervoll erklärt und auch nicht vergisst, zu erwähnen, worauf es bei einer guten Geschichte ankommt.
'Die besten Troubadours waren wie er ' die Macht ihres Erzählens lag allein in ihrer Stimme und der Ernsthaftigkeit, mit der sie vermittelten, dass es eine würdige Aufgabe war, eine Geschichte zu erzählen, und dass es dabei nur auf diese ankam, auf ihren Inhalt, auf ihren Fluss, auf ihr kunstvolles Gewebe, und nicht auf den Erzähler. Während sie hinter die Geschichte zurücktraten, wurden sie ein Teil von ihr und schufen Platz für die Zuhörer, in sie einzutreten.'
Genau das ist Richard Dübell gelungen. Er besitzt eine große Sprachgewandtheit und bietet wunderbare Gedankenansätze. Die Macht seines Erzählens liegt in seiner Schreibweise und der Ernsthaftigkeit, mit der er würdig die historische Geschichte vermittelt. Dabei beherrscht er die Kunst, den Inhalt flüssig zu erzählen, Handlungsstränge geschickt zu verweben und selber in den Hintergrund zu treten. Dennoch ist er Teil seines Buches und lädt die Leser ein, einzutreten in diese Welt. Ich kann nur empfehlen, sich auf diesen Roman einzulassen.
Fabelhafte Formulierungen, untermalen die Szenen. Ein kleines Beispiel '', aber dann vermochten seine Augen aus den Schatten, die das Fackellicht tanzen ließ, Einzelheiten herauszuschälen.'
Über Constantias Mutter Guda transportiert der Autor die folgenden nachdenklich stimmenden Worte zu seinem Buch: 'Weißt du, was die Seelen der Menschen in Wahrheit sind? Die Lichter des Himmels in der Finsternis der Welt. Die Schlüssel zu Pforte in die Ewigkeit.'
So darf, wer mag inne halten und über das Geschriebene nachsinnen, wie auch bei den folgenden Worten, die ich in diesem Buch entdeckt habe und erwähnenswert finde.
'In jeder Suche findet sich die Möglichkeit, dass man das, was man gesucht hat, schon lange besitzt.' und anders als Goethe sagt 'Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne' drückt Dübell es so aus 'In jedem Ende liegt ein Neubeginn.' ' Ich stelle mir nun am liebsten vor, wie Herr Dübell sein nächstes Romanprojekt in Angriff nimmt, weil 'Die Pforten der Ewigkeit' abgeschlossen sind und so darf sich der Leser getrost auf das nächste Buch von ihm freuen.
Zum Frühlingsbeginn 1252 zitiert Richard Dübell Gabriel 'Im Leben begegnet man sich immer zweimal.' Ich würde mich freuen, wenn ich den Figuren des Romans ein zweites Mal in Form eines Hörbuches begegnen könnte.
Was im Winter 1250 beginnt, endet in einem großen Show-Down zum Christfest 1252. Die Zeit dazwischen hat Richard Dübell überaus kurzweilig gestaltet.