Rezension

Sehr interessantes Thema, unterhaltsam beschrieben.

Deutschland, deine Götter - Gideon Böss

Deutschland, deine Götter
von Gideon Böss

Bewertet mit 4.5 Sternen

Religiöse Vielfalt ist in Deutschland zur Zeit sehr groß – und wird sogar noch größer. Wer sich mit dem Thema des Glaubens in Deutschland auseinandersetzten möchte, sieht sich mit zahlreichen verschiedenen Ausrichtungen konfrontiert und ist bald noch verwirrter als zuvor. “Auf der Suche nach der Heimat für die eigene Seele” sollte deswegen verglichen werden, damit man keine Fehlentscheidung trifft oder Alternativen außer Acht lässt.
Deswegen tritt Gideon Böss eine Reise durch Deutschland an, auf der er möglichst viele Einblicke in Sekten, Tempel oder Kirchen gewinnen möchte. Dabei macht er an 26 Stationen Halt und befragt Gläubige, Theologen, Priester oder auch Funktionäre ohne jedoch auch – sofern vorhanden – Schriften oder Ähnliches aus den Augen zu verlieren.
Von sehr bekannten und vielfach vertretenen Religionen wie dem Protestantismus oder dem Judentum, über Organisationen, deren Name so ziemlich jedem ein Begriff, der Inhalt jedoch unbekannt ist, wie der Heilsarmee, bis hin zu solchen, die einem für gewöhnlich bei der Thematik nicht sofort in den Sinn kämen, wie beispielsweise der Raelismus oder Lahore-Ahmadiyya. Von monotheistischen, wie dem Bahaitum bis zu polytheistischen Religionen, von Naturreligionen, wie den Wicca, bis zu Buchreligionen wie dem Mormonentum: In “Deutschland, deine Götter – Eine Reise zu Kirchen, Tempeln, Hexenhäusern” wird versucht, möglichst facettenreich Möglichkeiten zur Seelenrettung aufzuzeigen.

Mit sehr lockerem Ton und teilweise herausfordernden Fragen versucht Böss dem auf den Grund zu kommen, was den Gläubigen am Wichtigsten an ihrem Glauben ist. So macht er auch auf Widersprüchlichkeiten oder Ungereimtheiten aufmerksam, ohne jemals eine Ausrichtung als falsch oder Ähnliches anzuprangern. Gerade bei der Thematik des Buches ist die Gradwanderung zwischen lockerem bis humorvollen Übermitteln und Respektlosigkeit stets sehr schwierig. Doch auch, wenn einen hin- und wieder das Gefühl beschleicht, dass diese Grenze gerade überschritten worden sein könnte, ist bis auf eben jene wenige Ausnahmen die Balance gut gefunden.
So wird viel mit Verbildlichungen gearbeitet, Vergleiche angestellt und durch lockere Sprache teilweise trockener Inhalt unterhaltsam vermittelt. Das Buch lässt sich, auch wegen der vielen Gespräche, sehr flüssig und entspannt lesen, ohne dabei auf Zahlen zu verzichten. Man lernt in den einzelnen Kapiteln über die Geschichte, Motivationen, Ziele, Ansichten, Gestaltung und Vertreter der verschiedenen Glaubensrichtungen.
Die Kapitel sind auch von der Länge her sehr angenehm, da die Menge an Informationen immer so gehalten ist, dass sie zwar einen guten Einblick und somit auch ein gewisses Verständnis gewährt, jedoch nicht ermüdet und langweilt. Allgemein ist Böss bemüht, den Inhalt stets verständlich und bekömmlich zu vermitteln.
Am Ende des Buches erklärt der Verfasser des Buches noch, dass ihn keine der vorgestellten Glaubensgemeinschaften vollends überzeugen könnte, beschreibt aber auch, was ihn beeindruckt und welche neuen Einsichten er gewonnen hat. So hält er zum Beispiel fest, dass er überrascht davon war, wie offen und respektvoll die meisten Gläubigen mit anderen Glaubensrichtungen umgehen, jedoch auch erstaunt davon war, was für eine ablehnende Haltung trotz aller Offenheit beispielsweise gegenüber Homosexualität an den Tag gelegt werde. Außerdem stellt er heraus wie wichtig es in seinen Augen ist, auch innerhalb einer Religion zweifeln zu dürfen.

Für mich handelt es sich bei “Deutschland, deine Götter” um ein unterhaltsames aber dennoch respektvolles Sachbuch zum Thema Glauben in Deutschland, dass die religiöse Vielfalt durch viele verschiedene Stationen näher bringt. Anhand der vielen Gespräche, Verweise auf Statistiken, Hinzuziehen von Büchern, Schriften oder Ähnlichem, gewinnt man als Leser das Gefühl, dass sich Gideon Böss intensiv mit dieser Thematik auseinandergesetzt hat.
Alles in allem kann ich dieses Buch allen empfehlen, die etwas über verschiedene in Deutschland vertretene Glaubensrichtungen – und deren Vertreter – lesen und sie dadurch ein Stück weit besser kennenlernen möchten, ohne sich dabei durch trockene Texte im Lesefluss gehemmt fühlen zu müssen.