Rezension

Sei mutig! Aller Widrigkeiten zum Trotz !

Jeder Tag kann der schönste in deinem Leben werden - Emily Barr

Jeder Tag kann der schönste in deinem Leben werden
von Emily Barr

Bewertet mit 4 Sternen

Flora - sei mutig !

Sie ist 17. Sie hat am Strand einen Jungen geküsst. Sie erinnert sich.

Flora Banks ist alles andere als ein gewöhnlicher Teenager. Im Alter von 10 Jahren erlitt sie eine Amnesie, die ihr Kurzzeitgedächtnis stark zerstört hat und deshalb kann sie sich nur an Dinge erinnern die DAVOR geschehen sind. Doch dann ist da dieser Junge: Drake. Der Freund ihrer besten Freundin Paige, an die sich erinnern kann, weil sie schon seit ihrem 4. Lebensjahr mit ihr befreundet ist. Drake küsst Flora am Strand und dieses Erlebnis ist für die 17-jährige scheinbar so einschneidend, das sie sich daran erinnern kann. Sie erhofft sich durch Drake eine Heilung. Doch der zieht zum Studieren an den Nordpol und hinterlässt in Floras Leben ein ganz schönes Chaos, das eine ganze Kette unvorhergesehener Ereignisse nach sich zieht und Flora das Abenteuer ihres Lebens beschert...
 
Meinung:
Was mich an diesem YA Debüt von Emily Barr noch vor dem Klappentext ansprach, war definitv dieses wundervolle Cover. Es ist bezaubernd und wohl der Mädchentraum schlechthin, mit seinem bonbonrosa Hintergrund, den verschiedenen Schrifttypen, den Schnörkeln und, was man hier leider nicht sehen kann, mit seiner Spotlack Lackierung. Wunderschön.

Auch inhaltlich sprach mich die Geschichte sehr an, denn ich lese einfach zu gerne tiefgründigere Coming-of-Age Romane und da passt dieses Buch einfach perfekt.

Der Einstieg hat mich etwas irritiert, denn die Geschichte wird aus Floras Sicht erzählt und die lebt in ihrer völlig eigenen Welt. Durch ihre Amnesie kann sie sich nur an Dinge erinnern, die sie entweder vor ihrem 10. Lebensjahr erlebt hat oder die sie sich auf irgendeine Art und Weise notiert. Das bedeutet, das sie, sobald sie einen neuen Blackout hat, immer wieder von vorne beginnen muss, sich an verschiedene Sachen zu erinnern und so wird alles immer wiederholt.
"Sie ist Flora. Sie ist 17. Sie hat einen Jungen geküsst."
Sich an diese Erzählweise zu gewöhnen, war nicht so leicht und ich hatte ehrlich gesagt schon ein wenig Angst, das mir das im Verlauf der Geschichte auf die Nerven gehen könnte.
 
Glücklicherweise war diese Angst unbegründet, denn Flora macht die Wiederholungen durch ihren Charakter und ihre "verrückten" Handlungen absolut wett. Ja, ich fühlte mich durch diese Erzählweise sogar sehr eng mit Flora verbunden, konnte ihre Ängste und Zweifel nachvollziehen und bewunderte ihren unerschrockenen Mut.
Sie ist eine junge Frau, die in den Gedanken einer 10-jährigen feststeckt, die sich davon aber befreien möchte. Man spürt ganz deutlich was in ihrem Unterbewusstsein passiert und das sie sich in ihrem Inneren doch an viel mehr Dinge erinnert, als ihr Gehirn zulässt. Es ist ganz schwer, Flora auch nur ansatzweise zu beschreiben, denn für mich ist sie eine wahnsinnig komplexe Figur.
 
Besonders mochte ich ihre kleinen Eigenheiten, mit denen sie sich wichtige, manchmal auch nichtige, Dinge gemerkt hat. Ich hab sie mir bildlich dabei vorgestellt, wie sie sich auf die Arme kritzelt, im ganzen Haus Post its verteilt oder in ihren Notizbüchern liest.

Ein bisschen weniger begeistert als Floras Charakterzeichnung, hat mich der Plot. Zwar fand ich die Idee wirklich großartig und ich finde, das Emily Barr hier eine wirklich sehr facettenreiche Geschichte geschaffen hat, aber es gab auch sehr viele Logikfehler, die ich nicht so ganz nachvollziehen konnte und bei denen ich immer wieder zwischen: "Das Buch ist so unglaublich gut" und "Das ist doch sowas von an den Haaren herbeigezogen" schwankte.
Doch unbestritten ist die Tatsache, das mich Emily Barr mit der Geschichte um Flora in ihren Bann gezogen hat. Ich wollte trotz aller Unstimmigkeiten und teilweise vorhersehbaren Entwicklungen immer weiter und weiter und weiter lesen. Und am Ende wurde ich sogar durch einen extremen Plottwist noch einmal überrascht. Ich hatte echt das Bedürfnis direkt ins Buch kriechen zu wollen um einigen Leuten die Meinung zu geigen.

Das Ende kam sehr emotional und überraschend daher und auch wenn ich mir noch zwei oder vielleicht drei Seiten mehr gewünscht hätte, bin ich doch zufrieden damit.

Fazit:
Im Gesamten, und mit einem Tag Abstand betrachtet, muss ich sagen, das Floras Abenteuer vielleicht nicht ganz so rund und auch nicht ganz so perfekt durchdacht war, wie ich mir das gewünscht hätte, ABER Emily Barr hat mich damit sehr berührt, sie hat mich an die Seiten gefesselt und sie hat vorallem eine Botschaft gesendet, nämlich die, das es sich im Leben manchmal lohnt alles zu wagen und einfach mutig zu sein. Aller Widrigkeiten zum Trotz.