Rezension

Skandalös?

Madame Bovary - Gustave Flaubert

Madame Bovary
von Gustave Flaubert

Bewertet mit 2.5 Sternen

„Wenn es irgendwo auf Erden ein Wesen gab, stark und schön und tapfer, begeisterungsfähig und liebeserfahren zugleich, mit einem Dichterherzen und einem Engelskörper, ein Schwärmer und Sänger, warum war sie ihm nicht zufällig begegnet? Ach, weil das eine Unmöglichkeit ist! Weil es vergeblich ist, ihn zu suchen! Weil alles Lug und Trug ist! Jedes Lächeln verbirgt immer nur das Gähnen der Langeweile, jede Freude einen Fluch, jeder Genuß den Ekel, der ihm unvermeidlich folgt! Die heißesten Küsse hinterlassen dem Menschen nichts als die unstillbare Begierde nach der Wollust der Götter!“

Der Klappentext weiß zu berichten, dass der Roman nach seinem Erscheinen einen Skandal verursachte. Der Grund dafür hat sich mir nicht erschlossen.

 

Das Buch erzählt die Geschichte von Emma, die Zeit ihres Lebens auf ihren Märchenprinzen wartet. Die sich todunglücklich wähnt, da sie mit einem Arzt verheiratet ist, der sie zwar liebt und alles für sie tut, aber nicht auf die Idee käme, ihr täglich irgendwelche romantischen Verse vorzulesen. Der nicht von strahlender Schönheit ist und der den größten Teil des Tages über für seine Patienten da ist. Der nicht in Geld schwimmt und mit dem sie „nur“ eine Tochter zusammen bekommen hat und nicht den gewünschten Sohn, aus dem sie dann einen kleinen Prinzen hätte formen können.

Bei ihrer beständigen Suche nach dem Märchenprinzen fällt sie immer wieder auf die Sorte Männer rein, die schnell versteht, dass man ihr nur romantisch ins Ohr säuseln muss und schon sinkt sie in seine Arme und in sein Bett. Wenn sie irgendwann bemerkt, dass ihr Prinz es nicht ernst meint, wird sie depressiv und beklagt seitenweise ihr furchtbares Schicksal. Ichbezogen bis zum Ende, gelingt es ihr, mehr als ein Leben vollständig zu zerstören.

 

Selten habe ich mich so über einen Charakter aufgeregt wie über diese Emma. Allein wie sie sich ihrem Mann und ihrer Tochter gegenüber benimmt, hat beim Lesen regelmäßig meinen Blutdruck steigen lassen.

Wo war der Skandal in dem Buch? Lag der darin begründet, dass eine Frau so denkt und handelt? Das wäre ein möglicher Grund gewesen, aber dann hätte sie mit einem ihrer Liebhaber glücklich werden müssen. Das Gegenteil ist der Fall. Ihr Handeln wird zu jeder Zeit in dem Buch deutlich verurteilt. Unaufhörlich wird mit dem moralischen Zeigefinger gedroht, wird ganz klar gemacht: „Achtung, liebe Frauen! Wenn ihr euch so unmoralisch benehmt, dann droht euch folgendes schlimme Schicksal…“

 

Und wie steht es mit der Rolle der Frau in dieser Zeit? „Frau“ war damals nicht unbedingt zu beneiden, in vielen Bereichen wurde ihr nichts zugetraut, wurde sie nicht ernst genommen. Das Thema klingt zwar an der ein oder anderen Stelle sanft an, aber man hätte wesentlich mehr draus machen können. Emma ist zwar ein Charakter, der sich nicht mit seiner Situation einfach abfindet, aber dabei geht es ihr nur darum, dass sie meint, ihr müsste doch das Leben einer Prinzessin zustehen. Emanzipation oder Gleichberechtigung sind ihr völlig gleichgültig, solange sie auf Händen getragen wird und mit Geld um sich werfen kann.

 

Das einzig Angenehme an den 448 Seiten war die schöne, natürlich der damaligen Zeit entsprechenden Sprache und einige gelungene Landschaftsbeschreibungen. Und sicher ist das Buch eine absolute Empfehlung  für Leser, die auch in den Leiden des jungen Werther schwelgen können.  Das ergibt in der Summe wohlwollende 2,5 Punkte.