Rezension

Skurril und zugleich herausragend!

Der seltsame Fall der Alchemisten-Tochter -

Der seltsame Fall der Alchemisten-Tochter
von Theodora Goss

Bewertet mit 5 Sternen

Die junge, gerade verwaiste Mary stößt in den Unterlagen ihrer Mutter auf Hinweise zu den Experimenten ihres Vaters Dr. Jeckyll sowie zum Verbleiben von Edward Hyde, einem Freund ihres verstorbenen Vaters und gesuchter Mörder, für dessen Auslieferung eine beträchtliche Geldsumme ausgesetzt ist. Mit Hilfe von Sherlock Holmes und Dr. Watson stürzt sich Mary in Ermittlungen, wobei noch weitaus mehr düstere Geheimnisse ans Licht kommen und Mary Unterstützung von weiteren Töchtern verrückter Wissenschaftler bekommt.

Der Roman spielt zum Ende des 19. Jahrhunderts und damit im viktorianischen London. Er sticht durch zwei Aspekte besonders heraus: zum einen durch das Aufgreifen zahlreicher literarischer Figuren dieser Zeit, zum anderen durch seinen Schreibstil. Beginnen wir bei Letzterem, denn der Schreibstil macht das Buch wirklich zu etwas ganz Besonderem. Obwohl Mary die eigentliche Protagonistin des Buches ist, ist es nicht sie, die uns ihre Geschichte erzählt, sondern Catherine - eine Freundin, die Mary im Laufe dieses Buches finden wird. Catherine schreibt die Abenteuer von Mary und den anderen Frauen als Manuskript nieder. Dabei wird sie immer wieder durch Zwischenrufe, hier niedergeschrieben als Kommentare, der anderen Frauen unterbrochen. Das macht die Erzählung sehr unterhaltsam. Es ist jedoch von Vorteil, wenn man von Anfang an weiß, wer der Erzähler ist. Catherine schreibt dabei überwiegend in dritter Person, nur wenige Kapitel verschiedener Figuren sind in der Ich-Perspektive geschrieben. Ich empfand diese Erzählweise als herausragend.

Ebenso spannend ist die Einbindung verschiedener Figuren der Literaturgeschichte, natürlich angefangen bei Dr. Jeckyll, über Sherlock und Watson bis hin zu Frankenstein. Ich selbst habe die Bücher, auf die hier Bezug genommen wird, nicht gelesen, das ist aber auch gar nicht notwendig. Und wenn man die ein oder andere Figur gar nicht kennt, kommt beim Lesen die Neugier von allein, diese zu googeln. Entsprechende Hinweise finden sich auch in den Buchdeckeln. Die Geschichten der Figuren wurden dabei natürlich ein bisschen abgewandelt, ihre Charaktere behalten sie dabei in der Regel aber bei. So ist auch Sherlock hier ein Kombiniergenie mit nur wenig Feingefühl, wenn auch etwas empathischer als das Original. Dennoch mochte ich ihn hier unheimlich gerne. 

Wir ermitteln mit Mary, Sherlock und weiteren weiblichen Heldinnen in einem Mordfall der sehr skurrilen Art, der durchweg spannend und fesselnd war. Lediglich zum Ende wurde das Buch etwas ruhiger. Die Geschichte des ersten Bandes ist damit abgerundet, dennoch gibt es einen kleinen Cliffhanger und einen Ausblick auf Band 2.

Ich bin schwer begeistert von diesem Mystery-Fantasy-Krimimix, da er in vielerlei Hinsicht mal was ganz anderes ist, und vergebe daher gerne volle fünf Sterne.