Rezension

Spannend ud informativ

Wer das Vergessen stört -

Wer das Vergessen stört
von Tessa Duncan

„...“Das kann überhaupt nicht sein“, wiederholte sie. „Wenn Vera tot ist, war es kein Selbstmord.“...“

 

Mit diesen Sätzen der Psychologin Lily Brown endet der Prolog, der mich mit einer Menge an Fragen zurück lässt

Die Autorin hat einen spannenden Krimi geschrieben. Die Geschichte lässt sich flott lesen. Der Schriftstil ist gut ausgearbeitet und kombiniert geschickt die verschiedenen Handlungsstränge. Außerdem sorgt er für einen hohen Spannungsbogen. Genaue Beschreibungen der Örtlichkeiten und eine gute Charakterisierung der Protagonisten gehören zu den Stärken der Autorin.

Im Mittelpunkt stehen Lily Brown, die eine psychotherapeutische Praxis in Canterbury hat, und zwei ihrer Patientinnen.

Das ist zu einen Vera, die in der letzten Zeit häufig von Panikattacken heimgesucht wird. Lily vermutet, dass dabei Erinnerungen an den Tod ihrer kleinen Schwester hochkommen. Das Besondere im Buch ist, dass Vera teilweise als Ich-Erzählerin agiert. Damit lerne ich nicht nur Lilys Behandlungsmethoden kennen, sondern erfahre auch, was sich seelisch bei Vera abspielt.

 

„...Sie selbst kann sich an nichts erinnern, wobei eine partielle Amnesie tatsächlich ein Bewältigungsmechanismus für ein Trauma sein kann...“

 

Geschickt erfahre ich als Leser nach und nach, was in Veras Kindheit wirklich passiert ist. Dabei bringt jedes neue Puzzleteil auch neue Fragen. Vera beginnt, in ihrer Vergangenheit zu recherchieren. War das ihr Todesurteil?

Die zweite Patientin ist Samantha. Hier geht es um häusliche Gewalt. Ihr Mann hat einen verantwortungsvollen Posten bei der Bank. Sie lebt also in gesicherten Verhältnissen.

 

„...Tommy kann der liebenswürdigste Mensch der Welt sein. Ja, er ist immer wieder eifersüchtig gewesen, weil er mich über alles liebt. Dann verliert er die Beherrschung. Aber dazwischen gibt es auch immer ganz wunderbare Zeiten mit ihm...“

 

Wird es Samantha gelingen, sich von ihrem Mann zu trennen?

Natürlich bleibt auch Raum für Lilys Privatleben, das von zwei Männern tangiert wird. Matt ist ihr Partner in der Praxis. Er nimmt sich für sie Zeit, analysiert gemeinsam mit ihr die Fälle und berät sie, ohne sie zu dominieren. Zum Anderen ist es der Polizist Dan. Lily hat sich von ihm getrennt. Gerade bei den Gesprächen mit Samantha fallen ihr Parallelen zu deren Leben auf. Zwar war Dan nie gewalttätig, aber auch er verfügte über eine sehr subtile Art, um sie zu manipulieren.

Einen Protagonisten darf ich auf keinen Fall vergessen. Das ist Mick, Lilys Kater. Der weiß, was er will und äußert sich lautstark, wenn es nicht nach seinem Kopf läuft. Dummerweise übt das Vogelhäuschen des Nachbarn eine starke Anziehungskraft auf ihn aus. Deshalb gibt e ab und an Ärger. Wird es eine Lösung geben?

Informativ für mich als Leser waren Lilys Behandlungsstrategien. Sie zeigen, was heute schon möglich ist, um Patienten zu heilen.

Nach Veras Tod recherchiert Lily selbst, da die Polizei bei ihrer Selbstmordtheorie bleibt. Am Ende wird es dadurch eng für sie.

Zum Buch gehört ein inhaltsreiches Nachwort. Ein Teil der Geschichte beruht auf einem tatsächlichen Fall. Darauf geht die Autorin nochmals ein und trennt Fiktion von Realität.

Der Krimi hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich freue mich auf mögliche weitere Fälle.