Rezension

Spannender Serienauftakt

Stille Falle -

Stille Falle
von Anders de la Motte

Bewertet mit 4.5 Sternen

Zwei junge Erwachsene verschwinden plötzlich. Auf ihrem letzten Insta-Foto stehen die beiden vor einen Berg, dem Eingang zu einem Lost Place. Was ist passiert? Bevor Kommissarin Leo Asker ermitteln kann, wird sie in die Abteilung für hoffnungslose Fälle versetzt und ist raus aus ihrem Team...

Für einen Schweden-Krimi beginnt diese neue Serie ziemlich dynamisch und spannend. Kulissen und Figuren wirken nicht so kühl und distanziert. Als Leser wird man direkt in die Story hineingezogen, verwebt sie doch einmal etwas andere Themen miteinander, die man nicht täglich in seinen Krimis findet.

Die Figurenzeichnung gefiel mir richtig gut. Jede Person hat einen interessanten Background, von dem man noch nicht zu viel erfährt, der aber genügend Raum zur Entfaltung bietet.

Die Protagonistin Leo Asker ist Kriminalinspektorin, toughe Frau, unabhängig, schwierige Eltern. Ihr Vater hat sie in seinem privaten Drillcamp zur Kampfmaschine ausgebildet, die Mutter ist eine kühle Anwältin. Als Asker einen neuen, spannenden Vermisstenfall übernehmen soll, schneit plötzlich ihre Ex-Affäre ein und wird zum Chefermittler ihres Teams. Da er noch eine offene Rechnung mit ihr hat, verbündet er sich mit ihrer Mutter und schickt sie in eine neue Abteilung. Die Kellerabteilung für die "hoffnungslosen Fälle", in der jede verlorene Seele an ihrem eigenen Fall tüfteln kann oder eben auch nicht, weil es niemanden interessiert was hier passiert. Asker muss sich also komplett neu einfinden und herausfinden, welcher Kollege ihr wie dienen kann.

Thematisch ist das Buch sehr abwechslungsreich und atmosphärisch. Es spielt in der Welt der Urbexer, also solcher Personen, die gerne Lost Places aufstöbern. Die kindliche Neugier und der Entdeckungsdrang des Lesers werden angesprochen. Es geht durch verlassene Industriegelände und unterirdische Bergwelten, Höhlen und Geheimgänge, ein wahrer Abenteuerspielplatz also. Merkwürdige Personen tauchen auf, die meinen, in die Zukunft sehen zu können, indem sie mit Tieren sprechen. Es wird gedrillt, gemobbt, mit Fernrohren beobachtet...

Und dann tauchen Fotos und Meldungen von Figürchen in einem Modelleisenbahnverein auf, die gar nicht in die künstliche Szenerie der Hobbybastler- und eisenbahnler passen. Sie zeigen das entführte Pärchen und womöglich auch andere Opfer, von denen noch niemand weiß. Doch selbst die eigensinnigen Vereinsmitglieder nehmen die Situation nicht ernst. So muss Asker schließlich selbst herausfinden, welchen Zusammenhang es zwischen den Vermissten, den Figürchen und einem Expertenbuch ihres besten Schulfreundes gibt... 

Mir hat der erste Teil dieser Reihe sehr gut gefallen. Die Personen sind nicht gewöhnlich, alle scheinen speziell zu sein und vor allem das unterschätze Team in der Kellerabteilung scheint noch einiges auf dem Kasten zu haben. Man möchte gerne mehr über die Ermittlerin erfahren, die eine aufregende, schwere Jugend gehabt hat und an einem Scheideweg angelangt ist. Toll ist, dass sie nicht so emotionslos und distanziert wie andere Schweden-Ermittlerinnen wirkt.
Die Detailliebe für die Modelleisenbahnlandschaften kam richtig gut rüber und war mal originell.
Spannend und atmosphärisch waren die düsteren, verborgenen Schauorte. Als würde man selbst auf Entdeckungsreise gehen und spüren, wie die Luft immer knapper wird und sich der Raum immer tiefer hinaus- und zusammenzieht, weit unter der Erde.
Schwarzer Humor und mystische Andeutungen schleifen daraus einen Krimi, den man nicht so schnell aus der Hand legen will.
Das verspricht eine spannende, schöne neue Krimireihe zu werden.