Rezension

Sterbet, ach, mit Würde, Schwester

Die Bienen - Laline Paull

Die Bienen
von Laline Paull

Bewertet mit 5 Sternen

Ich war mir nicht sicher, was mich mit diesem Buch erwartet. Eigentlich habe ich mit einer parabelhaften Geschichte gerechnet, die anhand der Zustände in einem Bienenstock Menschliches kritisiert.

Und anfangs sieht man diese Vermutung bestätigt, wenn man bei der Geburt von Flora 717 miterlebt, wie die Bienenpolizei die Schlüpflinge kontrolliert, weil Missbildungen böse sind und ausgerottet werden müssen.
Dann stellt man aber fest: So ist das Leben in einem Bienenstock, gnadenlos und konsequent auf das Gemeinwohl ausgerichtet. Jeder hat seine Aufgabe, die erledigt werden muss. Wer nicht funktioniert wird der Erlösung zugeführt. „Sterbet ach mit Würde, Schwester.“

Irgendwie hat das Ganze auch einen magischen Aspekt. Die Bienen werden gesteuert durch das Schwarmgehirn, das Botschaften in Windeseile durch den Bienenstock schicken kann und alle erreicht. Sie reagieren hoch sensibel auf Düfte, sie können sogar Gefühle riechen und sie tanzen ihre Erlebnisse im großen Tanzsaal. Der beste Duft von allen ist der Hauch der königlichen Liebe, den die Bienenkönigin ausstrahlt.

„Arbeiten, gehorchen, dienen“ ist das Mantra, das jede Biene verinnerlicht hat . Und damit hat Flora 717 ihre Probleme. Die Sippe der Floras sind Hygienebienen, dafür zuständig, den Stock sauber zu halten. Flora 717 ist größer, stärker und neugieriger als ihre Schwestern. Im Gegensatz zu anderen Floras kann sie sogar sprechen.

Mit ihr lernt man die Welt aus Sicht einer Biene zu sehen. Da geht es oft ums blanke Überleben, Gefahren lauern überall.
Man braucht etwas Zeit, um sich dort einzuleben, aber dann ist es ein atemberaubendes Erlebnis. Fast fühlt man sich, wie auf einem anderen Planeten mit einem gnadenlosen Überwachungsstaat, mit vielen Feinden und auch Naturkatastrophen, wo aber auch Traditionen tief verankert sind, die Familie über alles geht und die Welt außerhalb ein Wunder ist. Gelegentlich sind wohl auch rituelle Drogen im Spiel.

Es hat großen Spaß gemacht, dieses Buch zu lesen, das so ungewöhnlich ist, das man dafür eigens ein Genre erfinden müsste. Auf jeden Fall sehe ich jetzt Bienen mit anderen Augen.